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Arbeitsmarkttheorien

Definition: Was ist "Arbeitsmarkttheorien"?

Im Rahmen der Arbeitsmarkttheorien wird vom individuellen Verhalten der Wirtschaftssubjekte und deren Interaktionen auf Gesamtergebnisse am Arbeitsmarkt geschlossen.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Neoklassisches Basismodell
    2. Wichtige Erweiterungen des neoklassischen Basismodells
    3. Segmentationstheorien
    4. Insider-Outsider-Theorien

    Neoklassisches Basismodell

    Annahmen: Marktform (Marktformen) der vollkommenen Konkurrenz (Ausschluss von Marktmacht) mit den folgenden wichtigen Implikationen: Homogenität und vollständige Substituierbarkeit aller Arbeitskräfte und Arbeitsplätze (Ausschluss von Diskriminierung); vollkommene Information aller Wirtschaftssubjekte (Markttransparenz); vollständige Mobilitätsfähigkeit und -bereitschaft aller Arbeitskräfte; vollständige Flexibilität der Löhne und Preise; unendliche Geschwindigkeit der Anpassung individuellen Verhaltens an sich ändernde Knappheitsrelationen; Fehlen von Transaktionskosten, externen Effekten (externer Effekt) und Institutionen; Beschränkung der Rolle des Staates auf die Durchsetzung von Eigentumsrechten (Property Rights) (reine Ordnungs- und keine Prozesspolitik).

    Zentrale Theoreme: Das Say´sche Theorem beschreibt die Einbindung des Arbeitsmarktes in die Gesamtwirtschaft: Bei Funktionsfähigkeit des Preismechanismus auf allen Märkten schafft sich jedes Angebot an Waren und Dienstleistungen seine eigene kaufkräftige Nachfrage im notwendigen Umfang; ein Gleichgewichtszustand wird also immer und überall erreicht.

    Das Grenznutzentheorem bestimmt das Arbeitsangebot: Der Anbieter von Arbeitskraft teilt sein knappes Zeitbudget zwischen den substitutiven Gütern Arbeit und Freizeit so auf, dass das Postulat des Ausgleichs der Grenznutzen erfüllt ist. Durch die Annahme der kurzfristigen Konstanz des Präferenzsystems kann das Arbeitsangebot als monoton steigende Funktion des Reallohns aufgefasst werden. Mit steigendem Reallohn steigt das Arbeitsangebot, da Freizeit relativ entwertet wird, d.h. die Opportunitätskosten von Freizeit steigen.

    Das Grenzproduktivitätstheorem bestimmt die Arbeitsnachfrage: Der Nachfrager von Arbeitskraft ist bestrebt, seinen Gewinn zu maximieren. Aufgrund der Annahme der vollständigen Konkurrenz sind Preise und Löhne ein Datum für jeden einzelnen Unternehmer, der sich daher als Mengenanpasser verhält. Produktionshöhe und Arbeitskräftenachfrage sind abhängig von der Höhe des Lohnsatzes und dem Verlauf der Produktionsfunktion, für welche die Gültigkeit des Ertragsgesetzes (Ertragsgesetz) zugrunde gelegt wird: Unter der Annahme einer kurzfristig konstanten Kapital- und Bodenausstattung sowie der Vernachlässigung von technischem Fortschritt erhöht jede zusätzlich eingesetzte Arbeitseinheit die Gesamtproduktion, allerdings mit abnehmenden Zuwachsraten. Diese so abgeleitete, sinkende Grenzertragskurve bildet die Nachfragekurve des Unternehmers nach Arbeit. Der gewinnmaximierende Unternehmer wird so viele Einheiten Arbeit einsetzen, bis das Wertgrenzprodukt der Arbeitseinheit dem Nominallohnsatz bzw. das Grenzprodukt der Arbeitseinheit dem Reallohnsatz entspricht. Die Arbeitsnachfrage ist somit eine monoton fallende Funktion des Reallohns.

    Anpassungsmechanismus: Das Zusammenwirken von Arbeitsangebot und -nachfrage erfolgt durch den flexiblen Reallohn (vgl. Abbildung „Arbeitsmarkttheorien

    Arbeitsangebot und -nachfrage in Abhängigkeit vom Reallohnsatz”). Falls ein Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt in Form von Arbeitslosigkeit oder Arbeitskräftemangel entsteht, wird folgender Anpassungsmechanismus ausgelöst: Zuerst verändert sich der Reallohn in Richtung Gleichgewichtslohnsatz. In einem zweiten gedanklichen Anpassungsschritt revidieren die Wirtschaftssubjekte sofort ihre Mengenentscheidungen. Der Lohnsatz, dem ausschließlich eine Allokationsfunktion zukommt, sichert ein stabiles, vollbeschäftigungskonformes Gleichgewicht (Prämisse der Selbstregulierung der Märkte).

    Wichtige Erweiterungen des neoklassischen Basismodells

    1. Suchtheorien

    Die Job-Search-Theorien gehen von unvollkommener Information und heterogenen Arbeitskräften und Arbeitsplätzen aus. Sie konstatieren, dass die Gewinnung von Informationen zu Erträgen führt, aber auch Aufwendungen erfordert. Die Aufgabe der bisherigen Stelle durch den Arbeitnehmer wie auch die nicht sofortige Wiederbesetzung einer vakanten Stelle durch den Arbeitgeber können als rationale Entscheidungen im Sinne der Investition in den Aufbau einer besseren Informationsbasis angesehen werden. Damit entsteht freiwillige Sucharbeitslosigkeit.

    Ziel des Arbeitnehmers ist es, das mit seiner Qualifikation erreichbare Lebenseinkommen zu maximieren. Aufgrund der ihm bekannten Verteilung der Löhne kann es rational sein, einen anderen Arbeitsplatz mit einer höheren Entlohnung zu suchen. Ein Optimierungsproblem ergibt sich, da mit jedem Suchschritt einerseits zwar die Wahrscheinlichkeit steigt, ein höheres Lohnangebot zu erhalten. Hierbei nehmen die zu erwartenden zusätzlichen Erträge mit steigendem Anspruchslohn nur unterproportional zu. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass je höher der angestrebte Lohn ist, desto größer ist auch die Anzahl Bewerber, die ein etwaiges Stellenangebot akzeptieren. Andererseits steigen aber auch die Suchkosten mit jedem Suchschritt und mit steigendem Anspruchslohn überproportional an. Die Suchkosten setzen sich zusammen aus den direkten Kosten der Informationsbeschaffung und den Opportunitätskosten in Form des entgangenen Einkommens während der Suche. Der Suchprozess wird solange fortgesetzt, wie der Gegenwartswert des zu erwartenden Grenzertrags in Form höherer Lohnzahlungen gerade noch größer ist als der (Gegenwarts-)Wert der jetzt aufzuwendenden Grenzkosten der Suche. Damit ist der optimale Anspruchslohn bestimmt.

    Der Arbeitgeber wiederum versucht, offene Stellen so zu besetzen, dass er für eine geforderte Mindestqualifikation einen im Vergleich zur tatsächlichen Arbeitsproduktivität möglichst niedrigen Lohn bezahlen muss. Auch er kennt die zeitinvariante Dichtefunktion der Qualifikationen. Er wird freie Stellen solange nicht besetzen, wie der Gegenwartswert der zu erwartenden zusätzlichen Erträge in Form niedrigerer Lohnzahlungen im Fall ihrer zukünftigen Besetzung gerade noch größer ist als die gegenwärtigen Nichtbesetzungskosten. Damit ist die optimale Mindestqualifikation bestimmt. Die Suchkosten setzen sich zusammen aus den direkten Kosten der Suche und den Opportunitätskosten in Form von entgangener Arbeitsleistung. Während die Vakanzkosten im Zeitverlauf und mit steigender Mindestqualifikation überproportional ansteigen, sinken die zusätzlichen Erträge der Nichtbesetzung hingegen kontinuierlich. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass eine höhere Mindestqualifikation bei gegebenem Lohn die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass ein entsprechender Bewerber gefunden wird.

    Der Allokationsprozess lässt sich als permanente stochastische Annäherung der Lohnvorstellungen von Arbeitsplatzsuchern und Arbeitsplatzanbietern auffassen. Arbeitskräfte reduzieren für eine gegebene Qualifikation mit der Zeit ihren individuellen Lohnanspruch (Minimal Reservation or Acceptance Wage) und Unternehmer erhöhen mit der Zeit ihre jeweiligen Lohnangebote (Maximal Reservation or Acceptance Wage) solange, bis sich die Erwartungen beider Seiten bei einem bestimmten Lohnsatz treffen und es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommt.

    2.Humankapitaltheorien

    Ansatz: Die Humankapitaltheorien gehen von heterogenen Arbeitskräften aus. Die Individuen haben unterschiedliche Begabungen und Fähigkeiten. Sie tätigen im Verlauf ihres Lebens unterschiedlich hohe Investitionen in ihr Arbeitsvermögen (Humankapital). Diese Bildungsinvestitionen bedingen unterschiedlich hohe Arbeitsproduktivitäten, die sich in differierenden Einkommens- und Karrierechancen widerspiegeln und darüber hinaus zu Unterschieden im Arbeitsmarktverhalten und bei den Arbeitsmarktrisiken führen.

    Verhalten der Arbeitsanbieter: Die Entscheidungsregel für den Homo oeconomicus lautet: Investitionen in Humankapital werden solange getätigt, wie der Gegenwartswert der in Zukunft zu erwartenden zusätzlichen Erträge in Form höherer Lohnzahlungen gerade noch größer ist als der Gegenwartswert der jetzt aufzuwendenden Kosten der Ausbildung. Diese Kosten setzen sich zusammen aus den direkten Kosten der Ausbildung und dem entgangenen Einkommen während der Ausbildungszeit (Opportunitätskosten der Ausbildung). Ziel ist die Maximierung der Lebenseinkommensströme, nicht des kurzfristigen Einkommens. Im Verlauf des Erwerbslebens nehmen die Humankapitalinvestitionen ab, da mit dem Näherrücken der Verrentung deren Amortisationsdauer sinkt und gleichzeitig die Opportunitätskosten der Ausbildung wegen im Erwerbsverlauf tendenziell zunehmender Löhne steigen. Die Entwertung der Humankapitalinvestitionen im Zeitverlauf impliziert ein umgekehrt u-förmiges, konkaves Alters-Einkommens-Profil: Zu Beginn des Erwerbslebens nehmen die Lohnzahlungen mit steigendem Lebensalter zunächst mit abnehmenden Wachstumsraten zu, erreichen dann bei einem bestimmten Lebensalter ihr Maximum und nehmen in der Folge bis zum Ende des Erwerbslebens wieder (leicht) ab.

    3.Effizienzlohntheorien

    Ansatz: Die Effizienzlohntheorien gehen von heterogenen Arbeitskräften, asymmetrisch zwischen beiden Marktseiten verteilter Information und dem Vorhandensein von Transaktionskosten aus. Sie liefern eine Erklärung für Lohnrigiditäten und unfreiwillige Arbeitslosigkeit. Die Arbeitnehmer können die Qualität und das Niveau ihrer Arbeitsleistungen innerhalb bestimmter Bandbreiten variieren, ohne dass die Unternehmen derartige Verhaltensweisen genau oder nur zu prohibitiv hohen Kosten kontrollieren können (Prinzipal-Agent-Theorie). Daher versuchen die Arbeitgeber, die Leistungsmotivation ihrer Arbeitnehmer durch Zahlung höherer Löhne zu steigern (Anreiz- und Motivationsfunktion des Lohnaufschlags). Der lohnsetzende Unternehmer erreicht durch einen über dem markträumenden Lohn liegenden, freiwillig gezahlten Effizienzlohn eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität, des Outputs und des Gewinns. Diese Lohnerhöhungen finden solange statt, wie der Mehrerlös die zusätzlichen Lohnkosten gerade noch übersteigt. Die Unternehmen versuchen, die Arbeitskosten pro Effizienz-, nicht pro Arbeitseinheit zu minimieren. Die gegenwärtige Leistungsintensität bzw. Effizienz des Arbeitnehmers ist eine positive und konkave Funktion des aktuellen Lohnsatzes. Entsprechend den neoklassischen Optimalitätsbedingungen muss zum einen das Wertgrenzprodukt eines Arbeitnehmers, gemessen in Effizienzeinheiten, den Lohnkosten je Effizienzeinheit entsprechen und zum andern mit den Grenzkosten einer Erhöhung der Effizienz um eine Einheit identisch sein. Aus beiden Bedingungen ergibt sich, dass der vom Unternehmer zu setzende optimale Lohnsatz und damit gleichzeitig auch die optimale Beschäftigungsmenge dann erreicht sind, wenn die Lohnelastizität der Leistungsintensität, die Elastizität der Arbeitseffizienz in Bezug auf den Lohnsatz, den Wert 1 aufweist.

    Folgerung: Die Effizienzlohntheorien basieren auf dem unterstellten Kausalzusammenhang einer positiven Korrelation zwischen Reallohn und Arbeitsproduktivität. Aus dieser Annahme folgt, dass eine Lohnkürzung zur Verminderung der Leistungsintensität und damit letztendlich zur Steigerung der Lohnstückkosten führt. Lohnsenkungsspielräume werden deshalb nicht ausgeschöpft, weil die potenzielle lohninduzierte Reduktion der Arbeitsleistung (Effizienzeinbußen), die durch Motivationsverluste hervorgerufen werden, gegenüber Einsparungen bei den Lohnkosten dominieren können. Als Folge des Rationalverhaltens der Unternehmen lässt sich aus der Zahlung von Effizienzlöhnen das Entstehen unfreiwilliger Arbeitslosigkeit erklären. Allerdings existieren mit der Senioritätsentlohnung und der Tournamententlohnung kostengünstigere Alternativen zur Zahlung von Effizienzlöhnen, mit denen produktivitätsmindernde Verhaltensweisen der Arbeitnehmer verhindert werden können.

    Segmentationstheorien

    Diese deutlich in der Tradition der institutionalistischen Schule stehenden Theorien begreifen sich zumindest implizit als Antwort auf die Defizite neoklassischer Arbeitsmarkttheorien. Die Ansätze betonen institutionalisierte Regeln, interne Vergleiche (relative Gerechtigkeitsvorstellungen) und politische Einflüsse stärker als Profitmaximierungshypothesen oder Gleichgewichtsannahmen. Die Alleinherrschaft des Lohnmechanismus als Steuerungsinstrument des Arbeitsmarktes wird abgelehnt.

    1.Duale Arbeitsmarkttheorien

    Die für US-amerikanische Bedingungen entwickelte Theorie dualer Arbeitsmärkte behauptet eine dichotome Aufspaltung des Arbeitsmarktes in ein primäres und ein sekundäres Segment. Die Arbeitsplätze im primären Segment sind u.a. gekennzeichnet durch höhere Löhne, relativ bessere Arbeitsbedingungen, eine relativ hohe Arbeitsplatzsicherheit, Beförderungs- und Karriereaussichten, die Isolierung von Marktmächten und die Teilhabe an Entscheidungsprozessen. Demgegenüber sind die Arbeitsplätze des sekundären Segments u.a. charakterisiert durch relativ niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen, hohe Fluktuationsraten, das Fehlen eines Systems von Beförderungsmechanismen. Diese spezifische Form der dichotomen Segmentation am Arbeitsmarkt wird u.a. erklärt als Folge der zunehmend dualen Struktur der Wirtschaft, insbesondere der Gütermärkte, mit einem stabilen monopolistisch-oligopolistischen Kernbereich und einem instabilen peripheren Wettbewerbssektor (Konzept der dualen Ökonomie).

    Mit der Theorie dualer Arbeitsmärkte weitgehend deckungsgleich ist die Unterscheidung zwischen internen und externen Märkten:
    (1) Der interne Arbeitsmarkt wird verstanden als administrative Beschäftigungseinheit. Die ansonsten vom Markt übernommenen Funktionen der Lohnbestimmung und Allokation der Arbeitskräfte werden nach institutionellen Regeln und Verfahren festgelegt.
    (2) Auf dem externen Arbeitsmarkt finden dagegen Preisbildung und Allokation wie in der neoklassischen Theorie durch Lohnwettbewerb statt. Der Austausch von Arbeitskräften zwischen den beiden Teilmärkten beschränkt sich typischerweise auf ganz bestimmte Stellen des Ein- und Austritts für die einzelnen Qualifikationsstufen (Ports of Entry and Ports of Exit); die übrigen Positionen werden über sog. Aufstiegsleitern (Mobility Chains) besetzt und sind dadurch dem Wettbewerb auf dem externen Markt entzogen. Veränderungen auf dem externen Arbeitsmarkt bleiben daher weitgehend folgenlos für den internen Arbeitsmarkt.

    2.Theorie des dreigeteilten Arbeitsmarktes

    Idealtypisch lassen sich bei Übertragung des Segmentationskonzepts auf die Bundesrepublik Deutschland drei Typen von Teilarbeitsmärkten unterscheiden:

    Der (berufs-)fachliche Teilarbeitsmarkt mit formalen Zugangsbeschränkungen erfordert hohe Investitionen in standardisierte, relativ breit angelegte fachliche Qualifikationen. Diese werden in mehrjährigen Ausbildungsgängen erworben, wobei die Regelung und Kontrolle durch überbetriebliche, halbstaatliche Instanzen erfolgt und der erfolgreiche Abschluss durch Zertifikate bestätigt wird. Dadurch wird ein individuelles Berufseintrittspotenzial geschaffen. Die Qualifikationen können ohne Verlust zwischen Betrieben transferiert werden (z.B. bei Berufen des Handwerks). Diese Voraussetzungen ermöglichen den Arbeitnehmern eine hohe zwischenbetrieblich-horizontale Mobilität (Arbeitskräftemobilität) und sparen den Arbeitgebern Informations- sowie Anlern- bzw. Einarbeitungskosten. Fachliche Arbeitsmärkte haben in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eine große Bedeutung, die durch das duale System der beruflichen Bildung mit der typischen Kombination der Vermittlung von theoretischen und praktischen Fertigkeiten gebildet werden.

    Der betriebsinterne Teilarbeitsmarkt bietet bestimmten, meist größeren Teilen der Belegschaft, der Stammbelegschaft, als Gegenleistung für eine hohe Betriebsloyalität und -bindung Qualifizierungs- und Aufstiegschancen sowie Senioritätsrechte und sichere, langfristige Beschäftigungsperspektiven. Auf diesem Teilarbeitsmarkt befinden sich betriebsspezifisch qualifizierte Arbeitskräfte ohne oder mit nur geringen überbetrieblichen Qualifikationsanteilen und damit nur einer geringen Transferierbarkeit zwischen Betrieben. Infolge der hierarchisch organisierten betriebsinternen Arbeitsmärkte entstehen geringe zwischenbetrieblich-horizontale, jedoch hohe innerbetrieblich-vertikale Mobilitätschancen.

    Der unspezifische, unstrukturierte (Jedermanns-)Teilarbeitsmarkt besteht aus Arbeitskräften mit nur generellen Mindestbefähigungen und Allgemeinkenntnissen sowie ohne (jegliche) fachliche und betriebsspezifische Qualifikationen. Der Lohn wirkt gemäß dem (Lohn-)Wettbewerbsmodell als Allokationsmechanismus. Typische Merkmale dieses Arbeitsmarkttypus sind u.a. fehlende vertikale Mobilitätschancen sowie hohe Fluktuationsraten (Markt des Heuerns und Feuerns).

    Insider-Outsider-Theorien

    Die Insider-Outsider-Theorien gehen von heterogenen Arbeitskräften und dem Vorhandensein von Transaktionskosten aus. Sie liefern eine Erklärung für Lohnrigiditäten und unfreiwillige Arbeitslosigkeit. Während die Effizienzlohntheorien unterstellen, dass die Unternehmen Marktmacht besitzen, gehen die ebenfalls neoklassisch orientierten Insider-Outsider-Ansätze davon aus, dass ein Teil der Arbeitnehmerschaft über die Macht zur Lohnsetzung verfügt.

    1. Annahmen

    Es gibt drei Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in Bezug auf ihre Verhandlungsposition wesentlich unterscheiden:
    (1) Personen in einem Beschäftigungsverhältnis (Insider);
    (2) Personen in der Einarbeitungsphase (Entrants);
    (3) derzeit nicht beschäftigte Personen (Outsider).

    Es gibt drei Arten von Kosten:
    (1) Einstellungs-, Einarbeitungs- und Entlassungskosten;
    (2) Kosten, welche die Insider verursachen können, indem sie den Entrants die Kooperation entziehen oder das Arbeitsklima verschlechtern;
    (3) Kosten, die im Fall der Entlassung von Insidern durch Demotivation der im Unternehmen verbleibenden Insider entstehen.

    Folgerung: Die drei Arbeitnehmergruppen können dem Unternehmen in unterschiedlichem Ausmaß Kosten verursachen: In der einfachsten Version des Ansatzes sind die Insider dadurch gekennzeichnet, dass sie betriebsspezifisch qualifiziert sind und damit bei ihnen alle Einstellungs- und Einarbeitungskosten bereits getätigt wurden. Im Fall ihrer Entlassung würden u.a. die noch nicht amortisierten Teile der Humankapitalinvestitionen als verlorene Kosten (Sunk Costs) anfallen. Die Entrants befinden sich gerade in der Einarbeitungsphase, sodass bei ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb nur ein geringer Teil der Kosten der Insider anfallen würde. Die Outsider haben der Unternehmung noch keine Kosten verursacht und können deshalb auch keinen Druck via Verhandlungsposition ausüben.

    2. Verhalten der Arbeitsanbieter

    Einfache Variante: Wenn die Insider verhindern wollen, dass auch nur einer von ihnen entlassen wird, darf ihr Lohnsatz wI nicht höher sein als die Summe aus dem von den Outsidern geforderten Lohnsatz w0 (Reservation Wage) und den Grenzkosten der Fluktuation (Labor Turnover Costs). Letztere setzen sich zusammen aus den Grenzkosten der Entlassung eines Insiders C'I (Firing Costs) und den Grenzkosten der Einstellung und Einarbeitung eines Entrants C'E (Hiring and Training Costs):

    Auch die Entrants versuchen, einen möglichst hohen Lohnsatz unter der Nebenbedingung eines ungefährdeten Beschäftigungsverhältnisses zu erreichen. Der Lohnsatz der Entrants wE darf deshalb um nicht mehr als die marginalen Einstellungs- und Einarbeitungskosten über den Lohnvorstellungen der Outsider liegen.

    In einer modifizierten Variante des Ansatzes können die Insider sowohl die Produktivität von Entrants durch Verweigerung von Kooperation senken als auch deren Arbeitsleid durch Schikanieren (Harassment) erhöhen, was deren Anspruchslohn erhöht. Dadurch entstehen ökonomische Renten, welche die Insider zusätzlich abschöpfen können. Ähnliches gilt für die Vermeidung von Produktivitätsverlusten durch Demotivation der Verbleibenden bei hoher Personalfluktuation.

    3. Verhalten der Arbeitsnachfrager

    Für die Unternehmen besteht aus Kostengründen prinzipiell kein Anreiz, die Insider gegen Outsider auszutauschen. Die Unternehmer werden zu Mengenanpassern.

    4. Verhältnis zwischen Insidern und Outsidern

    a) Grundmodell: Wesentliche Interessenkonflikte bestehen zwischen Insidern und Outsidern und nicht zwischen Unternehmen und ihren Arbeitnehmern. Die Insider verhalten sich nutzenmaxierend und berücksichtigen die Interessen von Entrants und Outsidern nicht. Aufgrund der Existenz von Transaktionskosten können die Insider diese Konflikte zur Durchsetzung von Lohnaufschlägen nutzen. Sie können einen nicht-markträumenden Lohnsatz durchsetzen und so unfreiwillige Arbeitslosigkeit verursachen.

    b) Ein erweitertes Modell bezieht die Existenz von Arbeitnehmervertretungen in die Analyse ein. Diese richten ihre Politik hauptsächlich an den Interessen ihrer beschäftigten Mitglieder und nicht an denen der Nicht-Beschäftigten aus. Die Arbeitnehmervertretung verfügt über verschiedene Möglichkeiten, die Löhne ihres Klientels zu erhöhen, ohne dessen Aussichten auf kontinuierliche und langfristige Beschäftigung zu reduzieren:
    (1) Sie kann die Einstellungs- und Entlassungskosten erhöhen (z.B. durch Vereinbarung von Kündigungsfristen oder Abfindungszahlungen).
    (2) Sie kann die Effektivität und Vielfalt von Kooperation und Harassment erhöhen.
    (3) Sie kann aufgrund ihrer Organisationsmacht die Verhandlungsmacht der Insider erhöhen und diese dadurch in die Lage versetzen, einen größeren Teil der (Kartell-)Renten zu absorbieren.
    (4) Sie kann die Insider mit neuen Instrumenten des Rent Seeking ausstatten und ihr Drohpotenzial erhöhen (u.a. durch Streik sowie Dienst nach Vorschrift).

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