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Internationales Steuerrecht (IStR)

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    I. Begriff:

    1. Das IStR i.e.S. erfasst alle dem Völkerrecht zugehörigen steuerlich relevanten Normen des staatlichen Kollisionsrechts, d.h. diejenigen Normen, die die Abgrenzung der sich überschneidenden Steuerhoheiten zum Gegenstand haben.

    2. Das IStR i.w.S. umfasst neben den dem Völkerrecht zugehörigen steuerlich relevanten Normen des staatlichen Kollisionsrechts auch jene Normen des jeweils nationalen Steuerrechts, die die Abgrenzung der sich überschneidenden Steuerhoheiten regeln.

    3. Abgrenzung der Begriffe IStR i.e.S. und IStR i.w.S. einerseits und Außensteuerrecht andererseits: Außensteuerrecht (AStR).

    II. Quellen:

    1. Das nicht kodifizierte völkerrechtliche Gewohnheitsrecht, soweit es für die Besteuerung von Bedeutung ist.

    2. Die bilateralen oder multilateralen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).

    3. Andere bilaterale oder multilaterale Abkommen steuerlichen Inhalts, wie etwa Amts- und Rechtshilfeabkommen, die steuerlich relevanten Normen des EG-Vertrages oder des GATT etc.

    4. Entscheidungen internationaler Gerichte mit steuerlicher Bedeutung, z.B. des EuGH.

    5. Zum IStR i.w.S. gehört auch das nationale Außensteuerrecht.

    III. Prinzipien:

    Hauptanliegen des IStR ist es, einerseits Doppelbesteuerungen zu vermeiden oder zu mildern und andererseits aus der Sicht der beteiligten Fiski unerwünschte steuersparende Gestaltungsmöglichkeiten abzubauen. Ob Überschneidungen der gegenseitigen Steueransprüche überhaupt entstehen und inwieweit sie vermieden oder gemildert werden können, wird von den Prinzipien bestimmt, die den steuerbegründenden Ansprüchen der Staaten und den von ihnen angewandten Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zugrunde liegen. Die wichtigsten Prinzipien des IStR:
    (1) Souveränitätsprinzip: Grundprinzip des IStR. Es besagt, dass die souveränen Staaten in der Ausübung ihrer Steuergewalt und in der Festlegung der Steueransprüche in ihrem Hoheitsgebiet autonom sind. Die Begrenzung der Souveränität auf das eigene Hoheitsgebiet schließt nicht aus, dass wirtschaftliche Sachverhalte, die im Ausland begründet sind, der inländischen Besteuerung unterliegen, wenn nur eine genügende Verbindung zum Staatsgebiet besteht (Genuine Link).


    (2) Universalitäts-(bzw. Totalitäts-)prinzip und Territorialitätsprinzip: Regeln den Umfang des Steueranspruches, den ein Staat für ein bestimmtes Steuergut geltend macht. (a) Beschränkt sich der Steueranspruch auf den inländischen Teil eines Steuergutes (z.B. inländisches Einkommen, inländisches Vermögen etc.), so spricht man vom Territorialitätsprinzip. Es entspricht der beschränkten Steuerpflicht. (b) Erfasst der Steueranspruch dagegen das weltweite (mondiale, universale) Steuergut (z.B. das Welteinkommen oder Weltvermögen) eines Steuerpflichtigen, so folgt dieser Steueranspruch dem Universalitäts- oder Totalitätsprinzip. Es entspricht der unbeschränkten Steuerpflicht


    (3) Nationalitätsprinzip und Wohnsitzstaatprinzip: Bestimmen den Kreis der Steuerpflichtigen, der der unbeschränkten Steuerpflicht und damit der Besteuerung nach dem Universalitätsprinzip unterliegt. (a) Knüpft die unbeschränkte Steuerpflicht an die Merkmale Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt (bei natürlichen Personen) bzw. Sitz oder Ort der Geschäftsleitung (bei juristischen Personen) an, so spricht man von Wohnsitzstaatprinzip. (b) Ist die unbeschränkte Steuerpflicht dagegen an die Nationalität gebunden, so handelt es sich um das Nationalitätsprinzip. Die meisten Steuerordnungen folgen heute dem Wohnsitzstaatprinzip.


    (4) Wohnsitzprinzip und Ursprungsprinzip: Regeln die Begrenzung der Steueransprüche zwecks Vermeidung oder Milderung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen. (a) Wohnsitzprinzip bedeutet, dass die Erfassung eines Steuergutes grundsätzlich im Wohnsitzstaat erfolgt, und zwar unabhängig davon, in welchem Staat dieses Steuergut entstanden bzw. belegen ist (z.B. das weltweit erwirtschaftete Einkommen eines Steuerpflichtigen wird in seinem Wohnsitzstaat besteuert). Unterformen des Wohnsitzprinzips sind für Einkünfte und Vermögen aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen das Schifffahrtsprinzip und für private Pensionen das Pensionenprinzip. (b) Die Begrenzung der Steueransprüche folgt dem Ursprungsprinzip (Quellenstaatprinzip), wenn die Erfassung des Steuergutes in dem Staat erfolgt, in dem das Steuergut entstanden ist bzw. belegen ist (z.B. das im Ausland erzielte Einkommen unterliegt in dem jeweiligen ausländischen Staat der Besteuerung, und das im Inland erzielte Einkommen unterliegt der inländischen Besteuerung). Unterformen des Ursprungsprinzips sind für unbewegliches Vermögen und Einkünfte daraus das Belegenheitsprinzip, für Betriebsstättenvermögen und -einkünfte das Betriebsstättenprinzip, für Einkünfte aus selbstständiger und unselbstständiger Arbeit das Tätigkeitsprinzip, für Aufsichtsratsvergütungen das Tantiemenprinzip, für Arbeitsvergütungen einschließlich Ruhegehältern aus öffentlichen Kassen das Kassenprinzip und für sonstige Einkünfte (z.B. Zinsen etc.) das Quellenprinzip.


    (5) Bestimmungslandprinzip und Ursprungslandprinzip: Regeln die Begrenzung der Steueransprüche bei den indirekten Steuern, bes. bei der Umsatzsteuer. (a) Wird bei grenzüberschreitendem Warenverkehr das Recht auf Erhebung einer allgemeinen und/oder speziellen Verbrauchsteuer dem Bestimmungsland (Verbrauchsland) des Warenverkehrs zugewiesen, so folgt diese Zuteilung des Besteuerungsrechts dem Bestimmungslandprinzip. (b) Hat umgekehrt das Land, von dem der Warenverkehr ausgeht (Ursprungsland), das Besteuerungsrecht, so spricht man von Ursprungslandprinzip. Derzeit wird fast in allen Steuerordnungen bereits nach unilateralen Normen das Bestimmungslandprinzip angewandt, so dass Doppelbesteuerungskonflikte bei den indirekten Steuern selten bis gar nicht auftreten. Allerdings soll im Rahmen der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes bei der Umsatzsteuer für innergemeinschaftliche Lieferungen und Leistungen vom Bestimmungslandprinzip langfristig auf das Ursprungslandprinzip übergegangen werden. Derzeit existiert insoweit ein Mischsystem (Erwerbsteuer, Versandhandelsregelung, Abhollieferung).


    (6) Freistellungsprinzip und Anrechnungsprinzip: Betreffen die Frage, in welcher Weise der Wohnsitzstaat eines Steuerpflichtigen die Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen an Stelle oder in Ergänzung zu den unter
    (4) genannten Prinzipien zur Begrenzung der Steueransprüche vermeiden oder zumindest mildern will. (a) Freistellungsprinzip bedeutet, dass der Wohnsitzstaat die dem Quellenstaat zugeteilten Steuergüter von der inländischen Besteuerung freistellt. (b) Anrechnungsprinzip bedeutet dagegen, dass der Wohnsitzstaat zwar das Besteuerungsrecht des Quellenstaates akzeptiert, jedoch auf sein eigenes Besteuerungsrecht nicht verzichtet. Er rechnet lediglich die bereits entrichteten Steuern nach verschiedenen Verfahren an.

    Unterprinzipien des Anrechnungsprinzips sind das Pauschalierungsprinzip und das Abzugsprinzip.

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