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Revision von Coronakrise (rechtlich) vom 30.03.2020 - 13:56

Coronakrise (rechtlich)

Definition: Was ist "Corona-Krise"?

 

 

 

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Um die Jahreswende 2019/2020 entstandene weltweite Krisensituation aufgrund einer durch ein Virus (SARS-CoV-2, COVID-19 verursachend) ausgelösten weltweiten Pandemie. Zum Stand 30. März 2020 sind weltweit ca. 33.900 Tote zu beklagen. Das stetige deutliche Ansteigen dieser Zahl ist angesichts von nur sehr mühsam in den Griff zu bekommenden, mutmaßlich exponentiell steigender Infiziertenzahlen (am 30. März 2020 ca. 719.000 weltweit; sehr hohe Dunkelziffern sind zu gewärtigen) zu befürchten.

    In allen Ländern der Erde sind davon jeweils sämtliche gesellschaftlichen Subsysteme (Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Recht, Familie, Religion) betroffen. Es handelt sich somit um eine  globale Krise, eine Krise von historischem Ausmaß. Sämtliche Staaten der Welt setzen auf das Mittel der Kontaktreduktion zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus - mit unterschiedlichen Umsetzungsmodalitäten im Einzelfall.
    Weltweite Kursabstürze der Börsen (mit mutmaßlich verursachter weltweiter Rezession) und massenhafte Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit rund um den Globus, weltweit von Staaten ausgesprochene Total- Einreiseverbote bzw. Beschränkungen innerhalb von Staaten und der sehr weitgehend zum Erliegen gekommene Reiseverkehr sind nur einige Folgen.

    Aufgrund der Vernetzung wegen der Globalisierung gibt es umfassende negative Dominoeffekte. Die weltweit getroffene Maßnahmen der Kontaktreduktion nimmt - notgedrungen - billigend in Kauf, dass dadurch eine globale Wirtschaftskrise ausgelöst wird. Trotz dieser negativen Wirkung ist, zum wissenschaftlich gesicherten Kenntnisstand im März 2020, Kontaktreduktion als Eindämmungsmaßnahme alternativlos. Ohne diese Maßnahme würden sich die negativen Folgen (Todeszahlen; Wirtschaftskrise) wegen der unkontrollierten Verbreitung des Virus sehr wahrscheinlich umso nachhaltiger und drastischer einstellen. Trotzdem haben sich im Frühjahr 2020 einige Staaten dazu entschlossen, Kontaktreduktion bewusst lockerer zu handhaben. Als Beispiel in Europa kann Schweden genannt werden.

    In weiterer soziologischer Betrachtung sind wegen Corona etliche makrosoziologischen Zusammenhänge im Blick. Nachfolgende Aufzählung in loser Schüttung: Das Verhalten der weltweiten Staatengemeinschaft insgesamt oder von Staaten untereinander in einer Notsituation; Diskussion über die Thematik Unilateralismus vs. Multilateralismus bzw. über Mischformen von beiden; Ungleichheitsdiskussionen moderne Industrieländer vs. Entwicklungsländer; Fähigkeit der (effizienteren) Krisenbewältigung durch die unterschiedlichen Herrschaftsmodelle: Autokratie/Diktatur vs. Demokratie; Interaktion Verbände/Organisationen etc. innerhalb eines Staates; unterschiedliche Auswirkungen der Krise auf die Angehörigen unterschiedlicher gesellschaftlicher Klassen, etwa im Bereich der Arbeit: Home-Office Möglichkeit vs. Notwendigkeit des "Front-Kampfs" im Supermarkt oder im Krankenhaus durch "Helden des Alltags").

    Nicht zuletzt wegen der Auswirkungen auf den zwischenmenschlichen Bereich, ausgelöst durch Kontaktsperren, Ausgangsbeschränkungen und Quarantänesituationen, sind auch viele mikrosoziologischen Sachverhalte durch Corona virulent geworden, Stichworte: Angebot der Einkaufshilfe für einen unter häuslicher Quarantäne Stehenden, Coronoaparties etc.

    Gerade in Krisensituationen ist das Recht als ordnungsschaffende und -erhaltende Instanz gefragt. Sämtliche Rechtskategorien (internationales Recht, Völkerrecht, supranationales Recht, nationales Recht, etc.) sind durch die Coronakrise betroffen (zum deutschen Schuldrecht etwa vgl. bei höhere Gewalt).

    Der Rechtsstaat und die gebotene Wahrung von Grundrechten sind angesichts der vielfältigen Beschränkungen diskutierte Dauerthemen. Bezogen auf die systemrechtlichen Gegebenheiten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland wird die föderale Ordnung des Grundgesetzes in Teilen in Frage gestellt. Kritiker monieren u.a. die Langsamkeit und die Ungeeignetheit der im föderalen Modell des GG bewusst angelegten Uneinheitlichkeit, die jedenfalls im Hinblick auf die Gefahrenabwehr bei der Lösung eines derartigen Problems festzustellen sei. Einfachgesetzlich zeigt sich das u.a. am InfektionsschutzG. Verhängte Ausgangssperren (z.B. in Bayern, das zudem den Katastrophenfall ausgerufen hatte) bzw. -beschränkungen anderer Bundesländer (z.B. das Saarland), als grundrechtsbeschränkende Maßnahmen, sollten den steigenden Infektionszahlen in diesen Ländern entgegenwirken.
    Am frühen Abend des 22. März 2020 avisierte die Bundeskanzlerin, nach einer Telefonkonferenz mit allen Ministerpräsidenten der Länder, den Erlass eines mindestens zweiwöchigen einheitlichen Kontaktverbots für Versammlungen von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit (mit definierten engen Ausnahmen), Inkrafttreten: 23. März 2020 (am 28. März 2020 wurde vom Bundeskanzleramt erklärt, dass Maßnahmen mindestens noch bis zum 20. April 2020 aufrechterhalten bleiben sollten). Von einer bundesweit zu verhängenden Ausgangssperre wurde Abstand genommen.
    Noch am Abend des 22. März 2020 gab es - zur Überraschung der Öffentlichkeit - divergierende bzw. relativierende Erklärungen einiger Bundesländer, u.a. von Bayern, das über seinen Landesvater erklären ließ, seine zuvor erlassene weitergehende Ausgangssperre in Bayern habe weiterhin zusätzlich Bestand. Andere Landesväter reklamierten ebenfalls jeweils für sich, mit ihrem Land schon vorab den "richtigen" Weg aufgezeigt zu haben.

    Obwohl sicher etwas verfrüht: Verlassen des Hauses vs. Kontaktverbot, oder beides, in einigen Ländern irgendwie kombiniert - ganz gleich, wer hier im Wettbewerb um das Finden des "richtigen" Ansatzes in der Sache Recht haben mag, das rechtliche Nebeneinander, ja Gegeneinander lässt sich schwerlich durch die Begründung einer vorgeblich besonderen Situation ("Grenzländer") halten. Die systemisch angelegte Unfähigkeit zum Finden einer einheitlichen Lösung ist aufgrund ihrer Nachteiligkeit (Verwirrung und Verunsicherung der Bürger, Vertrauensverlust in die politische Führung) ein relativ klares Argument zur partiellen Abkehr vom Föderalprinzip. Besser erscheint eine in der Sache einheitliche Lösung durch den Zentralstaat. Dass dem Bund im Übrigen verboten wäre, etwaigen lokalen Besonderheiten differenzierend Rechnung tragen zu können, so etwa in Form von Vorbehalten oder Ermächtigungen zugunsten der Landesgesetzgebung, kann dem GG (insbesondere Art. 72 Abs. 2) gerade nicht entnommen werden. Der Sachverhalt mag, im Übrigen und ganz Nebenbei, auch dazu anregen darüber nachzudenken, das Patriarchat bei politischen Spitzenämtern weiter auszudünnen.

    Der Bund und die Länder reagierten mit Nachtragshaushalten. Massive staatliche Hilfsmaßnahmen ("Bazooka", so Finanzminister Scholz) sollten Unternehmen (günstige Kredite, zu erhalten über KfW) und ihren Mitarbeitern (Kurzarbeitergeld) in der Notlage helfen. Die Bundesregierung initiierte beim Bund einen Nachtragshaushalt zur Ausgabe von zusätzlichen rd. 150 Mill. Euro (122,8 Mill. Euro, zzgl. veranschlagter Steuermindereinnahmen von 33,5 Mill. Euro). Weiter sollte ein Wirtschaftsstabilisierungsfond (WSF) Kredite bis zu 100 Mill. Euro abdecken, weitere 100 Mill. Euro als Kreditermächtigung sollten die Darlehensgewährung für Unternehmen (auszureichen über KfW) über den WSF absichern. Die Überschreitung der Obergrenze (vulgo: Schuldenbremse) wurde gemäß Art. 115 Absatz 2 Satz 6 GG extra beschlossen.

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