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Mehrgleichungsmodell

Definition: Was ist "Mehrgleichungsmodell"?

ökonometrisches Modell, mit dem mehr als eine Variable zu erklären versucht wird.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon
    1. Im einfachsten Fall ergibt sich ein lineares Gleichungssystem, bei dem die Diskrepanz zwischen Modell und Beobachtung durch Störterme ausgedrückt wird. Die vom Modell zu beschreibenden abhängigen Variablen (Variable, endogene) werden auch als gemeinsam abhängige Variablen bezeichnet. Die Entwicklung dieser gemeinsam abhängigen Variablen wird dann durch eben diese gemeinsam abhängigen Variablen, die modellexogenen (Variable, exogene) und die verzögerten gemeinsam abhängigen Variablen sowie durch die nichtbeobachtbaren Störterme erklärt. Die exogenen und die verzögerten gemeinsam abhängigen Variablen werden unter dem Begriff vorherbestimmte Variablen zusammengefasst. Das Gleichungssystem, bei dem die modellendogenen, d.h. die gemeinsam abhängigen Variablen als Funktion aller Modellvariablen dargestellt werden, wird als Strukturform eines ökonometrischen Mehrgleichungsmodells bezeichnet. Werden die gemeinsam abhängigen Variablen als Funktion der vorherbestimmten Variablen und der Störvariablen dargestellt, ergibt sich die sog. reduzierte Form eines ökonometrischen Modells. Eine reduzierte Form ist i.d.R. nur bei einem vollständig linearen Modell explizit darstellbar. Die Beschreibung der gemeinsam abhängigen Variablen als Funktion der exogenen Variablen und der Störvariablen ergibt die finale Form eines ökonometrischen Modells. Bei den Relationen eines Mehrgleichungsmodells ist zwischen Definitionsgleichungen und den sog. Verhaltensgleichungen zu unterscheiden. Bei den Definitionsgleichungen sind alle Koeffizienten numerisch bekannt, und die Störvariablen sind identisch null. In den Verhaltensgleichungen treten numerisch unbekannte Koeffizienten auf, deren Werte aufgrund der zur Verfügung stehenden Beobachtungen zu schätzen sind.

    2. Es gibt verschiedene Typen von Mehrgleichungsmodellen: Werden z.B. verschiedene endogene Variablen jeweils durch die gleichen exogenen Variablen bestimmt, dann ergeben sich durch die in der Varianz-Kovarianz-Matrix der Störvariablen ausgedrückten Korrelationsbeziehungen über die Modellgleichungen hinweg stochastische Abhängigkeiten, die bei der Schätzung eines solchen Systems scheinbar unverbundener Einzelgleichungsmodelle (engl. Seemingly Unrelated Regression Model, SUR) zu berücksichtigen sind. Im Allgemeinen treten bei Mehrgleichungsmodellen auch verzögerte gemeinsam abhängige Variablen als erklärende Variablen auf. Mehrgleichungsmodelle sind deshalb i.d.R. dynamische Modelle (Lag-Modell).

    Lassen sich dabei die Verhaltens- und Definitionsgleichungen nicht so umordnen, dass sich für die Koeffizientenmatrix der gemeinsam abhängigen Variablen im Fall eines linearen Modells eine untere Dreiecksmatrix ergibt, dann handelt es sich um ein interdependentes Modell. Hat die Koeffizienten- bzw. die Besetzungsmatrix die Gestalt einer unteren Dreiecksmatrix, so liegt ein rekursives Modell vor. Interdependente Modelle erfordern wegen der Korrelation zwischen den Störvariablen und den erklärenden Variablen spezielle Schätzmethoden wie z.B. die dreistufige Kleinstquadratemethode (s. Kleinstquadratemethode, dreistufige), die Maximum-Likelihood-Methode oder GMM (Momentenmethode, verallgemeinerte). OLS-Schätzer (Kleinstquadratemethode, gewöhnliche) sind bei interdependenten Modellen verzerrt und nicht mehr konsistent. Rekursive Modelle sind schätztechnisch einfacher zu behandeln.

    Vgl. auch simultanes System, Vektorautoregressionsmodell.

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