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Schuldverhältnis

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Im Sinn des Bürgerlichen Rechts das zwischen zwei (oder mehreren) Personen bestehende Rechtsverhältnis, kraft dessen die eine Person von der anderen Person (oder beide gegenseitig voneinander) eine Leistung fordern kann. Das Schuldverhältnis bildet so die Grundlage für eine sog. schuldrechtliche Anspruchsgrundlage bzw. für einen Anspruch (vgl. dazu die Legaldefinition in § 194 I BGB). Als "Personen" kommen natürliche und juristische Personen in Betracht, es kann sich um Private oder um Öffentliche (der Staat und Gemeinden, Verbände etc.) handeln. Ausgangspunkt im Gesetz ist die Anfangsvorschrift zum 2. Buch des BGB ("Schuldrecht"), § 241 BGB. Man unterscheidet grob rechtsgeschäftliche und gesetzliche Schuldverhältnisse. Rechtsgeschäftliche Verhältnisse entstehen durch einen willentlichen Entschluß von Rechtspersonen, etwa in Form eines Rechtsgeschäfts (einseitig oder zweiseitig). Klassische Form des zweiseitigen Rechtsgeschäfts sind Verträge, die mindestens zwei Partner miteinander abschließen (siehe sogleich 1.). Gesetzliche Schuldverhältnisse bedürfen eines solchen Willensentschlusses nicht, sie entstehen in den Fällen, die der Gesetzgeber gesetzt hat (z.B. unerlaubte Handlung, §§ 823 ff. BGB; ungerechtfertigte Bereicherung, §§ 812 ff. BGB), siehe 2.

    1. Verträge: Begründung, Änderung oder Aufhebung i.d.R. nur durch Vertrag (§ 311 I BGB), z.B. in besonderen vom Gesetz angebotenen Typen wie Kaufvertrag, Kreditvertrag, Auftrag, Gesellschaft, Bürgschaft.

    Andere Formen: 
    Als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis:
    (a) Zu einer Person, die Vertragspartei werden sollte, durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung eines Vertrags oder ähnliche Geschäftskontakte (§ 311 II BGB); vgl. dazu bei culpa in contrahendo. (Hinweis: Trotz der Darstellung der Anbahnungstatbestände hier unter 1. als rechtsgeschäftlichsähnliches Schuldverhältnis, handelt es sich dabei um ein gesetzliches Schuldverhältnis, siehe sogl. 2.)
    b) Oder zu einer Person, die nicht selbst Vertragspartei werden sollte, insbesondere wenn diese Person in bes. Maß Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst (§ 311 III BGB), z.B. Kraftwagenhändler, der ein in Zahlung genommenes Fahrzeug im Namen des Kunden verkauft.

    2. Gesetzliche Schuldverhältnisse entstehen kraft Gesetzes, also durch Anordnung des Gesetzgebers, für solche Fälle, wo kein Rechtsgeschäft vorliegt, wo aber dennoch ein Regelungsbedarf besteht, z.B. aus unerlaubter Handlung, ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag. Beispiel: Der Unfallhelfer leistet erste Hilfe zugunsten des bewusstlosen Unfallopfers und rettet ihm das Leben. Er beschmutzt sich dabei seine Kleidung. Ein rechtsgeschäftlicher Ersatzanspruch gegen das Unfallopfer besteht mangels Vertrags mit dem Opfer nicht. Ohne den bestehenden Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) bestünde für ihn keine Anspruchsgrundlage gegen den Verunfallten auf Ersatz der Reinigungskosten. Noch augenscheinlicher die Interessenlage und die Gebotenheit einer staatlichen Regelung z.B. bei den Fällen, die der unerlaubten Handlung, z.B. § 823 I BGB, zu Grunde liegen: Zwischen dem Körperverletzer und dem Verletzten oder zwischen dem Dieb und dem Bestohlenen bestehen keinerlei vertragliche oder vertragsähnliche Bindungen. Also muss das Gesetz dafür sorgen, dass Vorschriften als Anspruchsgrundlagen bereitstehen, um den zivilrechtlichen Ausgleich herbeiführen zu können, bei der Körperverletzung Schadensersatz und Schmerzensgeld (§ 847 BGB), beim Diebstahl Herausgabe. Neben § 823 I BGB sind das im BGB im wesentlichen § 823 II BGB (i.V.m. einem sog. Schutzgesetz, z.B. aus dem StGB) und § 826 BGB ("vorsätzliche sittenwidrige Schädigung"). Im Diebstahlsfall von soeben kommen zu § 823 BGB weitere gesetzliche Ansprüche hinzu: § 985 BGB als ein aus dem Eigentum abgeleiteter dinglicher Anspruch (vgl. hierzu exemplarisch den Fahrradfall bei Subsumtion), § 861 I BGB (Besitzwiedereinräumungsanspruch des Besitzers nach verbotener Eigenmacht) und § 812 I 1 2. Alt BGB (sog. Eingriffskondiktion - der Dieb hat sich auf sonstige Weise ungerechtfertigt bereichert). Alle genannten §§ stehen in sog. Anspruchs(grundlagen)konkurrenz (eine juristische Figur). Sehr abgekürzt hier: Ein Sachverhalt bietet Ansatz für verschiedene juristische Anspruchsgrundlagen, indem die von ihnen gebotenen Rechtsfolgen alle auf das gleiche Ziel, hier Herausgabe des Diebesguts, gehen (vgl. etwas näher die Ausführungen bei Konkurrenzen). Natürlich kann der Bestohlene den gestohlenen Gegenstand nur einmal zurückverlangen.  

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