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Anspruchsgrundlage

Definition: Was ist "Anspruchsgrundlage"?

Zentraler rechtlicher Terminus als Grundlage für die Bejahung eines sog. subjektiven Rechts (vgl. dazu bei Recht und die Ausführungen nachfolgend). Der Begriff beruht auf dem Anspruch, einem für den gesamtgesellschaftlichen Bereich wesentlichen Phänomen. Mindestens einseitige, oft gegenseitige Erwartungshaltungen adressieren im täglichen Leben an das Gegenüber per Anspruch entsprechende Forderungen. So etwa die im Bereich der Sitten/Gebräuche oft anzutreffende Erwartungshaltung auf Erhalt einer Gegeneinladung, nachdem bei sich selbst eine Einladung zu einem gesellschaftlichen Ereignis (Abendessen, Geburtstagsfeier) absolviert wurde. Der Anspruch bzw. die Anspruchsgrundlage sind speziell im juristischen Bereich von zentraler Bedeutung (zu Marketingaspekten vgl. bei Anspruch), insofern ist Anspruch ein terminus technicus des Gesetzes (vgl. die Legaldefinition in § 194 I BGB).

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    1. Allgemein: Zentraler rechtlicher Terminus als Grundlage für die Bejahung eines sog. subjektiven Rechts (vgl. dazu bei Recht und die Ausführungen nachfolgend). Der Begriff beruht auf dem Anspruch, einem für den gesamtgesellschaftlichen Bereich wesentlichen Phänomen. Mindestens einseitige, oft gegenseitige Erwartungshaltungen adressieren im täglichen Leben an das Gegenüber per Anspruch entsprechende Forderungen. So etwa die im Bereich der Sitten/Gebräuche oft anzutreffende Erwartungshaltung auf Erhalt einer Gegeneinladung, nachdem bei sich selbst eine Einladung zu einem gesellschaftlichen Ereignis (Abendessen, Geburtstagsfeier) absolviert wurde. Der Anspruch bzw. die Anspruchsgrundlage sind speziell im juristischen Bereich von zentraler Bedeutung (zu Marketingaspekten vgl. bei Anspruch), insofern ist Anspruch ein terminus technicus des Gesetzes (vgl. die Legaldefinition in § 194 I BGB).
    Nach § 194 I BGB ist ein Anspruch das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Daraus folgt ein weiterer sehr bedeutsamer juristischer Merksatz: "Kein Anspruch ohne Anspruchsgrundlage". Das bedeutet, wenn ein Rechtssubjekt von einem anderen etwas rechtlich verlangt (z.B. Herausgabe), muss es in der Lage sein, eine vertragliche Vorschrift (wenn ein Vertrag besteht) oder eine allgemeine Rechtsvorschrift ausfindig zu machen und deren Anwendung (Tatbestand und Rechtsfolge) auf den Sachverhalt, auf "seinen" Sachverhalt, aufzeigen zu können. Gesetzliche Rechtsvorschriften bestehen aus abstrakt-generellen Regelungen. Abstrakt bedeutet, dass sie auf eine unbestimmte Vielzahl von Fallgestaltungen passen, generell bedeutet, dass die Norm auf eine Vielzahl von Rechtssubjekten zugeschnitten ist. Beispiel § 985 BGB: "Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen." Das Ausfindigmachen der Anspruchsgrundlage durch den Anspruchsteller gleich einem Fischzug: Er fischt und schöpft aus dem großen Meer des Rechts (=objektives Recht) und will daraus, eigens für sich, etwas herausholen. Daher wird das beim Fischen Hervorgeholte (hier: § 985 BGB) von Juristen subjektives Recht genannt. Die Fischereitechnik, um das Aufzeigen der Anspruchsgrundlage hier auch noch maritim zu umschreiben, geschieht per juristischer Subsumtion. Nur dann kann der Anspruchsteller die begehrte Herausgabe eines Gegenstandes, ggf. mit gerichtlicher Hilfe, erreichen und damit seinen Anspruch durchsetzen. Dies wäre im übrigen bei der ausgebliebenen Essenseinladung, s.o., nicht über Gericht einklagbar, denn hier gibt es keine rechtliche Anspruchsgrundlage (wohl kann es aber andersartige, außerrechtliche, gesellschaftliche Mechanismen geben, womit doch noch eine Teilhabe an einem tollen Event lanciert werden kann).

    2. Umspannende Geltung im Recht: Dieser Grundsatz gilt im gesamten Rechtsbereich, das heißt, im öffentlichen Recht und im Privatrecht gleichermaßen. Vom erwähnten privatrechtlichen Herausgabeanspruch über die begehrte Baugenehmigung für die geplante Garage oder für einen Anspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, sogar für den durchzusetzenden Strafanspruch des Staates gegenüber dem Straftäter - alle Anspruchsteller müssen eine Anspruchsgrundlage vorzeigen, um im Sinne der Anspruchsumsetzung rechtlich Erfolg haben zu können. Der Staat kann den Straftäter nur dann bestrafen, wenn über Anspruchsgrundlagen (Strafnormen und Regelungen des Strafprozessrechts) dieser Strafanspruch nachgewiesen ist. Auch das Ausscheren-Wollen eines deutschen Bundeslandes aus der Bundesrepublik Deutschland z.B. würde nur funktionieren, wenn das Land eine Anspruchsgrundlage für sich ins Feld führen kann (zu weiteren zivilrechtlichen Beispielen siehe auch die Ausführungen bei Schuldverhältnis).

    3. Herrschaft des Rechts: Sämtliche vorstehend skizzierten Grundsätze basieren auf der Annahme, dass das Postulat der "Herrschaft des Rechts" nach wie vor und uneingeschränkt gilt (zu Herrschaft allgemein vgl. die Ansätze von Max Weber). Sehr allgemein versteht man darunter die auf Basis schon rechtshistorisch nachweisbarer Verfassungsverankerungen (z.B. Rule of Law in England, beruhend auf der Magna Charta von 1215) allgemeingültige Feststellung, dass Rechtsgrundsätze von staatlicher Gewalt zu beachten sind (z.B. auch das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG). Weitergehend kann man nach Auffassung des Autors darunter auch die allgemein anerkannte Übereinkunft unter den betroffenen Kontrahenten ansehen, dass von ihnen - jedenfalls bisher - anerkannte Fundamentalgrundsätze (z.B. Menschenrechte), sozusagen als kleinste gemeinsame Nenner, "selbstverständlich" weiter für sie Bestand haben. Gleiches gilt z.B. bzgl. der Annahme, dass getroffene multilaterale oder bilaterale bisherige Vereinbarungen gültig sind und weiter Bestand haben. Erodiert diese Basis hingegen, indem z.B. ganze Staaten alles hinterfragen und auch getroffene Vereinbarungen negieren bzw. ignorieren, und sie sich dabei - mit eigenwilliger Interpretierung dieser rechtsphilosophischen Figur - auf ein Recht des Stärkeren berufen, dann gilt auch der Satz Kein Anspruch ohne Anspruchsgrundlage nicht mehr. Dieses "Recht des Stärkeren" soll z.B. augenscheinlich auch auf Mikroebene eingesetzt werden, führt man sich die ökonomische Theorie des „effizienten Vertragsbruchs“ von Vertretern der sog. Konstitutionellen Politischen Ökonomie vor Augen: Warum nicht einen Vertrag brechen, wenn es hierfür gute ökonomische Gründe gibt, und es sich – auch nach Abzug aller Pönalen, Schadensersatzansprüche und sonstiger Kosten (z. B. für den Anwalt) – noch rechnet?! pacta sunt servanda, einer der Grundsätze, auf denen (nicht nur) das deutsche Recht beruht, spielt da keine Rolle mehr. Immerhin hat der deutsche Gesetzgeber für gravierende Fallgruppen dem einen Riegel vorgeschoben (vgl. § 285 Abs. 1 BGB).

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