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Revision von Impfpflicht vom 09.05.2022 - 12:16

Impfpflicht

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Rechtliche Verpflichtung, sich mit einem Impfstoff (Vakzin) gegen eine Virus-Erkrankung impfen zu lassen. Medizinethisch ist die freiwillige Impfung breiter Bevölkerungsschichten anzustreben, um eine Pandemie zu beenden. Sofern nicht ausreichende Bevölkerungsanteile geimpft werden, kann es im Rahmen der Pandemiebekämpfung zur gesetzlichen Anordnung einer allgemeinen Impfpflicht kommen.

    Impfgegner wehren sich mit wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Argumenten gegen jegliche Impfung. Im Rahmen der COVID-19-Pandemie werden moderne mRNA-Impfstoffe eingesetzt (Messenger-RNA codiert Protein (Eiweiß)). Eine Behauptung der Impfgegner ist, mRNA würde in die DNA eingreifen. Das ist falsch.
    Die von der mRNA induzierte Produktion von Virusbestandteilen (sog. Spike- oder Oberflächen-Protein) sorgt für die Produktion von Antikörpern gegen die Viren - damit wird das Immunsystem stimuliert und für die Infektion vorbereitet, so dass bei einer Infektion eine sehr gute Immunreaktion erfolgen kann. § 20 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht Schutzimpfungen grundsätzlich zur Immunisierung vor Erkankungen vor, die im Rahmen von Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Institutes (RKI) vorgeschlagen werden.

    In Deutschland besteht die gesetzliche Impfpflicht gegen Masern (für Kindergarten- und Schulkinder sowie deren Betreuungspersonen), weil starke Steigerungen in den 2000er Jahren durch freiwillige Maßnahmen nicht mehr gedrückt werden konnten. Das Masernschutzgesetz v. 10.2.2020 gilt in Deutschland seit 1.3.2020 (BGBl. I 2020, 148) und ist eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (§ 20 Abs. 9 - 14 IfSG).
    In Österreich wurde eine Impfpflicht gegen COVID-19 beschlossen und später ausgesetzt. In der Schweiz gibt es derzeit keine Impfpflicht. 
    Weltweit gelten in verschiedenen Ländern Impfpflichten, in der EU z.B. in Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien und Ungarn.
    Im Rahmen der COVID-19-Pandemie wird eine Corona-Impfpflicht nach dem Vorliegen von Corona-Impfstoffen der vierten Welle in Deutschland im Herbst 2021 breit diskutiert.
    Obwohl diese allgemeine Impflicht von der Bundespolitik wiederholt seit Anfang 2021 ausgeschlossen worden war, wurde sie seit Herbst 2021 in der vierten Welle 2021 kontrovers diskutiert. Eine Einführung  der allgemeinen Impfpflicht wird erst als letztes Mittel (ultima ratio) nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten als rechtlich möglich und erforderlich angesehen.
    Österreich hat die Einführung einer SARS-CoV-2-Impfpflicht ab 1.2.2022 gesetzlich geregelt und dann wegen der milderen Omikron-Verläufe für zunächst drei Monate ausgesetzt. Einige autokratische Staaten nehmen in der COVID-19-Pandemie Zwangsimpfungen vor, z.B. China und Russland.

    Neben einer allgemeinen Impfpflicht ist eine sektorale Impfpflicht (Teil-Impfpflicht) f. bestimmte Berufe denkbar (Ärzte, Krankenpfleger, Altenpfleger, Betreuer von Kindern, etc.). Diese kann gesetzlich ausgestaltet sein oder arbeitsvertraglich geregelt sein. In Deutschland wurde im Herbst 2021 zunächst eine sektorale Impfpflicht gesetzlich durch eine Änderung von § 2 Nr. 15 und § 20a IfSG beschlossen (BGBl. I 2021, 5162) und ab 15.3.2022 eingeführt (sog. einrichtungsbezogene Impfpflicht, z.B. für alle Beschäftigten in Krankenhäusern, Tageskliniken, Altenheimen, Dialysezentren, Arztpraxen/Zahnarztpraxen, Rettungsdienste, u.v.m.).
    Die Genesenen werden bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht den Geimpften gleichgestellt. Ungeimpfte haben ab 15.3.2022 keinen Zugang zu diesen Einrichtungen mehr.

    Umsetzungsprobleme einer allgemeinen Impfpflicht: Verschiedene Experten warnen, dass die Prüfungs- und Umsetzungsmöglichkeiten einer allgemeinen Impfpflicht schwierig sein können - es soll nicht zu einer Zwangsimpfung kommen. Zuwiderhandlungen sollen als Ordnungswidrigkeiten, nicht als Straftaten geahndet werden. Angesichts der z.T. radikalen Impfgegnerschaft in kleinen Teilen Deutschlands könnte eine allgemeine Impflicht und deren Durchsetzung zu einer weiteren Radikalisierung der Auseinandersetzung führen.

    In Deutschland gab es von 1874 bis 1975 eine allgemeine Impfpflicht gegen Pocken. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat 1959 festgestellt, dass diese Impfpflicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BVerwG v. 14.07.1959 - I C 170.56,  openJur 2021, 23251) sofern diese zur Abwehr schwerer Erkrankungen dient.

    Die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2/COVID-19 wurde von Herbst 2021 bis April 2022 intensiv geführt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) setzten sich öffentlich stark für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ein, legten aber aufgrund der Uneinigkeit in der neuen Bundesregierung keinen eigenen, abgestimmten Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Im Deutschen Bundestag wurden zwei Gesetzentwürfe und drei Anträge breit debattiert und alle Anträge und die beiden Gesetzentwürfe sind in 2. und 3. Lesung gescheitert. Somit kommt es in Deutschland (zunächst) nicht zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in Abwägung der milden Krankheitsverläufe durch die Omikron-Variante und der Möglichkeit weniger starker Eingriffe wie die Maskenpflicht (OP-Masken, FFP2-Masken) oder andere Regeln zur Pandemiebekämpfung (2G-Regel, 3G-Regel, o.ä.)..


    Vgl. Corona-Krise, Corona-Virus, COVID-19, Influenza-Virus, Impfstoff, Pandemie, Pandemiebekämpfung, 2G-Regel, 3G-Regel, Middle East Respiratory Syndrome (MERS), Schweres Akutes Respiratores Syndrom (SARS), SARS-CoV-2, Virus (Biologie), Virus-Erkrankung, Zoonose.

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