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Kohärenz des Steuersystems

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Ein Schlüsselbegriff aus dem Europarecht; der innere Zusammenhalt einer gesetzlichen Norm, gemeint v.a.: das Steuerrecht. Die "Kohärenz des Steuersystems" ist ein zentrales Argument bei der Auseinandersetzung um die Vereinbarkeit einzelner nationaler Steuervorschriften mit dem Europarecht.

    2. Bedeutung: a) zunehmende Konflikte zwischen nationalem und europäischem Recht: Der nationale Gesetzgeber ist in der Gestaltung seines Steuergesetzes nach dem EG-Vertrag frei, soweit es nicht Vorgaben der EU gibt. Es sind jedoch in diesem Rahmen z.B. auch die allg. gehaltenen Vorgaben der europarechtlichen Grundfreiheiten zu beachten, sodass steuerliche Regelungen zwar frei gewählt werden dürfen, sie aber z.B. nicht ohne einen zwingenden Rechtfertigungsgrund die Möglichkeiten der Unternehmen, sich im Ausland niederzulassen, behindern oder weniger attraktiv machen dürfen. Die Konflikte, bei denen nationale steuerliche Vorschriften vor dem Hintergrund der Grundfreiheiten sich als rechtswidrig herausstellen, haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten ständig zugenommen, da es infolge der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaft auch immer mehr praktische Fälle gibt.

    b) mögliche Rechtfertigung, Grundregeln für die Überprüfung: Nationale Steuerregeln, die die Wirkung der Grundfreiheiten beeinträchtigen, können jedoch vom Europarecht toleriert werden, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind. Dabei muss jede steuerliche Regelung einzeln betrachtet werden; Effekte anderer Regeln dürfen nicht in die Debatte eingeführt werden.

    c) Rolle der "Kohärenz": In diesem Zusammenhang ist es nötig, abzugrenzen, wann mehrere steuerliche Bestimmungen/steuerliche Effekte Teil ein und desselben Ganzen bilden (= eine Regelung) oder nicht zwingend miteinander zu tun haben (= mehrere, verschiedenen Regelungen, deren gemeinsame Betrachtung sich europarechtlich verbietet). Der Grundsatz der "Kohärenz" besagt in diesem Zusammenhang, dass sachlich zwingend zusammen hängende Vorschriften auch zusammenhängend zu betrachten sind: hängt also z.B. eine Nichtabsetzbarkeit bestimmter Ausgaben (nur für Ausländer) sachlich zwingend zusammen damit, dass die zugehörigen Einnahmen ihrerseits ebenfalls (nur für Ausländer) nicht steuerpflichtig sind, kann ein Staat nicht europarechtlich gezwungen werden, einem EU-Bürger die Abzugsfähigkeit der Ausgaben zuzugestehen, ohne zugleich auch die Steuerpflicht der zugehörigen Einnahmen durchsetzen zu können. Es geht also letztlich darum, inhaltlich zusammengehörige Vorschriften auch zusammengehörend anzuwenden.

    3. Einzelheiten: Nachdem die Mitgliedsstaaten mehrere Jahre lang tendenziell versucht hatten,  zu argumentieren, alle steuerlichen Vorschriften ihres Steuerrechts bildeten insgesamt ohnehin ein untrennbares Ganzes (was eine gerichtliche Prüfung einzelner Bestimmungen fast unmöglich gemacht hätte), hat der Europäische Gerichtshof das Wesen der "Kohärenz" einer Steuerregelung zunehmend enger definiert, z.B.: a) keine gemeinsame Betrachtung einer Ausgabe beim Steuerpflichtigen X mit ihren steuerlichen Folgen beim Empfänger Y,

    b) keine Berücksichtigung pauschal unterstellter, im Einzelfall aber nicht wirklich immer eintretender Zusammenhänge. Dementsprechend wird die im Steuerrecht übliche, europarechtlich aber auch in anderen Rechtsbereichen nicht akzeptierte Sitte, Zusammenhänge typisierend zu unterstellen, obwohl sie im Einzelfall nicht existieren, bei der Definition der Kohärenz einer Regelung nicht akzeptiert.

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