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Revision von Medienkompetenz vom 21.02.2020 - 16:12

Medienkompetenz

Definition: Was ist "Medienkompetenz"?

Medienkompetenz beschreibt die Fähigkeit, sowohl die verschiedenen Medienkanäle als auch deren Inhalte kompetent und vor allem kritisch zu nutzen sowie mit und in diesen Kanälen zu agieren.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff (Definition)Medienkompetenz beschreibt die Fähigkeit, sowohl die verschiedenen Medienkanäle als auch deren Inhalte kompetent und vor allem kritisch zu nutzen sowie mit und in diesen Kanälen zu agieren.

    2. Dimensionen der Medienkompetenz
    Die Medienkompetenz kann anhand der nachfolgend beschriebenen vier Dimensionen gekennzeichnet werden (siehe auch Abbildung "Dimensionen der Medienkompetenz").

    Dimensionen der Medienkompetenz


    a) Sachkompetenz – das Wissen über die Medien: Eine Grundlage der Medienkompetenz ist ein umfassendes Wissen über die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Medienkategorien. Hierzu zählen zunächst neben den Print-Medien (Zeitungen, Zeitschriften) auch TV und Radio sowie die unterschiedlichsten Online-Angebote. Ein medienkompetenter Nutzer muss eine erste Einordnung der unterschiedlichen Medienkanäle vornehmen können – bspw. nach den Kriterien Seriosität, Glaubwürdigkeit/Vertrauenswürdigkeit (bspw. in Abhängigkeit von den Finanzierungsquellen), Manipulationsrisiko (etwa durch staatliche Stellen oder durch die Medienkanäle selbst; vgl. soziale Medien).

    b) 
    Rezeptionskompetenz – Fähigkeit, die Medien kritisch zu nutzen: Ein Element der Rezeptionskompetenz ist die Art der Bewertung der in verschiedenen Quellen gewonnenen Informationen. Hier gilt es bspw. festzustellen, ob ggf. bei bestimmten Nachrichten oder bei bestimmten „Sendern“ – seien es Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk, TV, Unternehmens-Websites, YouTube-Videos, Facebook-Posts etc. – ein Pro-Domo-Effekt vorherrscht. Damit ist das Phänomen gemeint, dass Unternehmen gerne positiv über eigene Leistungen sprechen. Diese positive Herausstellung eigener Leistungen erklärt den Begriff „pro domo“ i.S. von „für das eigene Haus“. Kritische Nutzer versuchen, diese Effekte zu erkennen.
    Zusätzlich sollte sich ein kritischer Nutzer um eine sogenannte Cross-Validierung bemühen. Damit ist gemeint, dass die an einer Stelle gefundene Information mit Inhalten weiterer, möglichst unabhängig voneinander bestehender Quellen verglichen werden, um so die Korrektheit einer Information zu überprüfen. Ein solches Vorgehen ist bei Informationen, die in den sozialen Medien verbreiten werden, unverzichtbar.
    Bei der Bewertung von Inhalten in Abhängigkeit von der jeweiligen Quelle kommt Bewertungsplattformen eine besondere Bedeutung zu. Diese Plattformen geben sich oft den Anschein der Objektivität, obwohl sie diesem hehren Ziel oft nicht gerecht werden. Wie aktuelle Studien zeigen, werden auf Plattformen häufig nur die Angebote bzw. die Unternehmen bewertet, die sich (kostenpflichtig) bei der Plattform angemeldet haben und/oder bereit sind, Vermittlungsprovisionen für Leads (i.S. von Kaufinteressenten) oder Käufer zu bezahlen. Wer als Anbieter zur Bezahlung solcher Provisionen nicht bereit ist, wird in den „neutralen“ Trefferlisten nicht oder nur nachrangig angezeigt. Somit können für die Kunden attraktivere Angebote im Netz verfügbar sein, die aber aufgrund fehlender Zahlungsbereitschaft der Anbieter in den Trefferlisten der Bewertungsportale nicht oder nicht an oberster Stelle auftauchen. Es wird deutlich, dass eine unabhängige Bewertung der Leistungsangebote durch diese Plattformen häufig nicht gegeben ist. Auch dies gilt es zu wissen und bei Kaufentscheidungen zu berücksichtigen.
    Eine weitere Facette der Rezeptionskompetenz ist die Erkennung von redaktionellen Inhalten und Werbung. In Deutschland verpflichtet das Trennungsgebot die Werbenden dazu, Werbung durch Hinweise wie „Anzeige“, „gesponsert“ oder „enthält Produktplatzierungen“ für den durchschnittlichen Nutzer sichtbar zu machen. Durch das Gebot der Trennung von Berichterstattung und Werbung soll ein Vertrauen in eine unbeeinflusste Berichterstattung gesichert werden. Hierdurch soll erreicht werden, dass jeder Empfänger eindeutig zwischen Nachricht und Werbung unterscheiden kann. Allerdings erkennen Nutzer Werbung häufig selbst dann nicht, wenn diese bei Suchmaschinen-Anzeigen bei Google mit „Anzeige“ gekennzeichnet sind.
    Diese werbliche Beeinflussung wird auch beim Influencer-Marketing häufig nicht erkannt. Selbst wenn bei Posts von Influencern ein Hinweis wie „Anzeige“ oder „gesponsert“ erscheint, erkennen viele Nutzer nicht, dass die Influencer für ihre Aktivitäten bezahlt werden.
    Eine weitere wichtige Facette der Rezeptionskompetenz ist die Unterscheidung zwischen Information und Kommentar. In Deutschland wird in den Zeitungen und im Rundfunk (meist) deutlich sichtbar zwischen der reinen Berichterstattung (Präsentation des Geschehenen) und deren bewertender Kommentierung (Wertung des Geschehenen) unterschieden. Auf diese Weise lernen die kritischen Leser die Fakten kennen – und eine mögliche Einschätzung und Einordnung durch den Kommentator. In den sozialen Medien gibt es eine solche Unterscheidungsnotwendigkeit nicht. Wertung und Berichterstattung werden meist nicht unterschieden – und es bleibt die Herausforderung für den kompetenten Mediennutzer, Fakten von Wertungen zu trennen.
    Zusätzlich fällt es in den sozialen Medien häufig schwer, zu erkennen, wer der eigentliche Sender ist. Solche Sender können nicht nur Fake-Accounts sein. In Zukunft werden auch immer intelligentere Chatbots (manipulative) Informationen bereitstellen. Diese Roboter können täuschend echte Botschaften in den sozialen Medien verbreiten, sie können Botschaften auch liken und weiterleiten. So können sie eine künstliche Relevanz von Themen suggerieren, die in der Gesellschaft gar nicht vorhanden ist. Beispielsweise können Trends künstlich gefördert werden – und dann sogar Maßnahmen auf der politischen Ebene anstoßen. Auch hier wird wieder der große Unterschied zwischen klassischen und „sozialen“ Medien deutlich. Der Sender wird in Zeitungen und Zeitschriften sowie in Radio und TV meist namentlich benannt; in vielen Online-Quellen – nicht nur in den sozialen Medien – fehlen solche Angaben. Das ist beim „Vertrauen“ in die so kommunizierten Informationen und vor allem auch bei einer Weiterleitung derartiger Inhalte zu berücksichtigen.

    c) Partizipationskompetenz – Fähigkeit, Inhalte für Medien eigenständig zu gestalten: Zur Partizipationskompetenz gehört die Fähigkeit zur mitwirkenden Kommunikation. Diese erschöpft sich allerdings nicht alleine darin, bei Beiträgen – etwa auf LinkedIn – mit Symbolen für „Gefällt mir“, „Applaus“, „Wunderbar“, „Inspirierend“ oder „Nachdenklich“ zu reagieren. Echte Partizipationskompetenz zeigt sich auch durch die selbständige Kreation von Kommentaren zu präsentierten Inhalten.
    Ein wesentlicher Teil der Partizipationskompetenz ist die Eigenkreation von Inhalten. Hierzu bietet das Internet, insb. die sozialen Medien, eine Vielzahl von Plattformen an. Das Spektrum reicht von der Inszenierung auf Facebook, Instagram, LinkedIn, Snapchat und Xing über die Kreation von Videos für TikTok und YouTube bis zum Verfassen von Blogs, Wikis sowie zur Gestaltung eigener Websites. Nutzer können auch in der Offline-Welt kreativ sein und bei einer Schüler- oder Studenten-Zeitung mitwirken, Flugblätter erstellen oder Leserbriefe an Zeitungen schreiben.

    d) 
    Selbstreflexionskompetenz – Fähigkeit, das eigene Mediennutzungsverhalten zu analysieren: Ein – vor allem bei Kreationen in den digitalen Medien – wichtiger Aspekt der Medienkompetenz ist die Fähigkeit zur kritischen Bewertung von Eigenkreationen – idealerweise vor einer Veröffentlichung. Nicht nur in Worten, sondern auch in Taten – dokumentiert über Fotos und Videos – erzählen viele Menschen so viel mehr über sich, als sie sich selbst vor Augen führen. Da das Internet nichts vergisst, bleiben solche Inhalte auch dann noch bestehen, wenn potenzielle Arbeitgeber Bewerbernamen googeln oder Vermieter im Vorfeld das Partyverhalten potenzieller Mieter ermitteln. Auch Statements von Politikern, im Unverstand, aufgrund von Unwissen bzw. Unfähigkeit und/oder im Alkoholrausch über Twitter & Co. kommuniziert, haben bereits Amtszeiten amtierender „Staatsdiener“ beendet und noch Jahre später erfolgversprechende Karrieren verhindert.
    Ein besonders anspruchsvoller Teil der Selbstreflexionskompetenz ist eine medienbezogene Meta-Analyse. In diesem Fall analysiert jeder einzelne für sich selbst, wie er die unterschiedlichsten Medien nutzt. Hierbei geht es nicht um die Inhalte der Medien-Nutzung selbst, sondern um den Prozess der Medien-Nutzung sowie um die dadurch verursachten Auswirkungen. Der erste Teil dieser Meta-Analyse fokussiert den Prozess der eigenen Mediennutzung, um diese eine selbstkritischen Würdigung zu unterziehen. Wie viel Zeit verbringe ich in den sozialen Medien? Wie nutze ich diese Medien? Der zweite Teil einer Meta-Analyse beschäftigt sich mit den Auswirkungen des eigenen Medienkonsums auf das eigene Leben, die Beziehungen zu anderen Menschen, die Arbeitsfähigkeit (im Beruf, Schule und Universität), die Freizeitgestaltung, die Kreativität etc. Durch die Integration der Wirkungen des Medienkonsums auf andere erhält diese Dimension der Medienkompetenz eine ethische Komponente.

    3. Ziel: Aufbau und Pflege einer eigenen Medienkompetenz: Der Aufbau und die Pflege der eigenen Medienkompetenz ist eine nie aufhörende Aufgabenstellung – nicht nur für die Jugend, sondern für alle Altersklassen. Im Zeitalter von Fake-News, Deep Fakes, Trollfabriken, Chatbots und mehr (vgl. Social Bots), die vor allem westliche Demokratien unterwandern und/oder politische und gesellschaftliche Diskurse zu manipulieren versuchen, ist ein hohes Maß an Medienkompetenz unverzichtbar.

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