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Bilanzanalyse
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Inhaltsverzeichnis
Bilanzkritik.
Begriff/Zweck
1. Begriff: das Zerlegen und Aufgliedern des Jahresabschlusses bzw. Konzernabschlusses einschließlich des darauf aufbauenden Beurteilungsvorgangs der Lage und Entwicklung einer Unternehmung. Gegenstand der Bilanzanalyse ist nicht nur die Bilanz, sondern der (Konzern-)Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und Anhang, bei Kapitalgesellschaften auch dem Lagebericht. Der Konzernabschluss besteht zusätzlich aus einer Kapitalflussrechnung und einem Eigenkapitalspiegel. Er kann um eine Segmentberichterstattung erweitert werden. Kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen haben einen Konzerabschluss nach den in der EU anerkannten IFRS aufzustellen (§ 315 a HGB).
2. Aufgaben: bes. die Beurteilung der finanziellen und ertragsmäßigen Lage und Entwicklung in der Vergangenheit und für die Zukunft, da die Liquidität und die Rentabilität bei auf Gewinnerzielung ausgerichteten Unternehmen Existenzvoraussetzungen sind (Zahlungsunfähigkeit ist bei allen Unternehmensformen Insolvenzgrund, die durch Verluste entstehende Überschuldung bei den Rechtsformen, bei denen die Haftung auf das eingelegte Kapital beschränkt ist).
3. Interessenten: v.a. die bisherigen und potenziellen Eigen- und Fremdkapitalgeber, um Informationen über die Zweckmäßigkeit und Sicherheit ihrer Kapitalanlagen zu erlangen; die Arbeitnehmer wegen der Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und den Möglichkeiten ihrer Einkommensentwicklung; der Staat zwecks Vorausschau über Steuereinnahmen und gesamtwirtschaftliche Entwicklungen.
Arten
1. Nach den Quellen der zur Verfügung stehenden Daten: a) Externe Bilanzanalyse: Bilanzanalyse durch außen stehende Dritte; muss sich auf das veröffentlichte oder sonst zugängliche Material beschränken. Bei Unternehmen, die bewusst öffentliche Meinungspflege (Public Relations (PR)) betreiben und deshalb ihre Jahresabschlüsse entsprechend gestalten und z.B. durch Presseinformationen ergänzen, bieten sich dem Bilanzkritiker gute Grundlagen, doch kann auch hier das Ausmaß der Legung bzw. Auflösung stiller Reserven (stille Rücklagen) nur in sehr beschränktem Maße erkannt werden. Dasselbe gilt für stille Verluste, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) wegen des Imparitätsprinzips zwar weitgehend ausgeschlossen sein sollten, erfahrungsgemäß jedoch das größte Problem einer Insolvenzprognose darstellen (Bilanzpolitik).
b) Interne Bilanzanalyse: Bilanzanalyse durch damit beauftragte Unternehmensangehörige oder betriebsfremde Vertrauenspersonen [Wirtschaftsprüfer (WP)]; ihnen stehen prinzipiell alle Unterlagen zur Verfügung, die für die Beurteilung der Jahresabschlussdaten von Bedeutung sein könnten. Dadurch gewinnt die interne Bilanzanalyse gegenüber der externen erheblich an Bedeutung für das rechtzeitige Erkennen positiver oder negativer Entwicklungen und damit für die Unternehmenssteuerung und -kontrolle.
2. Nach dem Objekt der Bilanzanalyse: a) formelle Bilanzanalyse: bezieht sich auf die Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung.
b) Materielle Bilanzanalyse: bezieht sich auf die Bilanzierung dem Grunde (Aktivierungspflicht, Aktivierungswahlrecht, Passivierungspflicht, Passivierungswahlrecht) und der Höhe nach (Bewertung) sowie auf die Beurteilung der Zahlungsströme und ihrer Auswirkungen auf die Lage der Unternehmung.
3. Nach dem zeitlichen Umfang: a) einperiodige Bilanzanalyse: beschränkt sich auf einen Jahresabschluss.
b) Mehrperiodige Bilanzanalyse: Die Entwicklung im Zeitablauf steht im Vordergrund.
4. Nach dem sachlichen Umfang: a) einbetriebliche Bilanzanalyse, b) zwischenbetriebliche Bilanzanalyse: Beurteilung der Lage und Entwicklung der Unternehmung mithilfe branchenspezifischer Vergleichsdaten (Betriebsvergleich).
Methoden und Aussagewert
Nach zweckentsprechender Bilanzaufbereitung: 1. Analyse der Finanzlage: a) Aus den Bilanzdaten werden Kennzahlen entwickelt:
(1) Horizontale Kennzahlen stellen eine Beziehung zwischen Vermögens- und Kapitalpositionen her (z.B. Anlagendeckung durch langfristige Finanzierungsmittel, Liquiditätsgrade); damit kann beurteilt werden, wie weit der Grundsatz der Fristenentsprechung (goldene Bilanzregel) eingehalten wurde.
(2) Vertikale Kennzahlen sollen Einblicke in die Vermögensstruktur (z.B. Anlagenintensität) und die Kapitalstruktur (z.B. Verschuldungskoeffizient, Eigenkapitalquote) sowie ihre Entwicklung bes. auch im Vergleich mit branchentypischen Relationen eröffnen.
Beurteilung von Kennzahlen: Feste Relationen als Normgrößen lassen sich nicht ableiten, da die Möglichkeiten der Finanzdisposition zu vielfältig und der Vermögensaufbau der Unternehmen selbst innerhalb einer Branche zu verschieden sind. Außerdem sind Kennzahlen überwiegend stark bewertungsabhängig (stille Rücklagen), von den Zufälligkeiten des Bilanzstichtags geprägt oder gestaltet (Window Dressing), sodass sie nur vergangenheitsorientierte Aussagen zulassen. Wichtige Veränderungen der Vermögens- und Kapitalstruktur können vertraglich bereits eingeleitet sein, ohne dass sie sich in den Bilanzen und damit den Kennzahlen schon niederschlagen. Die verbreitete Verwendung in der Praxis ist v.a. darin begründet, dass mithilfe der Kennzahlen schlaglichtartig wichtige Beziehungen verdichtet wiedergegeben werden und ihnen eine Signalfunktion zugesprochen wird: Krasse Abweichungen im Zeit- und zwischenbetrieblichen Vergleich gelten als Indikator für die Notwendigkeit weitergehender Analysen. Versuche, durch Ordnung und Auswahl der Kennzahlensysteme unter Einsatz der EDV und mathematisch-statistischer Verfahren deren Aussagewert zu steigern, können die Mängel des Ausgangsmaterials kaum überwinden.
b) Bei finanzwirtschaftlichen Bewegungsbilanzen werden die Vermögens- und Kapitalveränderungen aus den Anfangs- und Schlussbilanzdaten einer Periode als Mittelverwendung und Mittelherkunft dargestellt.
Beurteilung: Die Einwendungen gegen Kennzahlen treffen auch hier zu. Darüber hinaus kann zu Fehlinterpretationen Anlass geben, dass rein buchmäßige Bewertungsänderungen fälschlicherweise als Mittelfluss erscheinen.
c) Die Gewinn- und Verlustrechnung ist als Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen nicht unmittelbar für die Liquiditätsanalyse, die mit Einnahmen und Ausgaben rechnet, geeignet. Es ist daher eine Trennung der einnahme- und ausgabewirksamen Erträge und Aufwendungen vorzunehmen. Der Cashflow, eine positive Differenz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen, ist der Zahlungsmittelzufluss der Periode, den die Unternehmung erwirtschaftet hat und der ihr für Investitionen, Tilgungen und Entnahmen zur Verfügung stand.
Beurteilung: Der Cashflow ist zwar im Prinzip eine bewertungsunabhängige und damit bes. geeignete Kennzahl, doch bei externen Analysen nur in beschränktem Maße zu ermitteln. Durch geltendes Handelsrecht sind die Analysemöglichkeiten eingeschränkt, da in den Gewinn- und Verlustrechnungen von Kapitalgesellschaften wichtige ausgabe- und einnahmeunwirksame Beträge (wie z.B. die Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen) und für die Beurteilung bedeutsame einmalige, d.h. nicht wiederholbare Einnahmen (z.B. Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens) nicht gesondert auszuweisen sind. Dieses Informationsdefizit wird dadurch gemildert, dass der Konzernabschluss um eine Kapitalflussrechnung zu erweitern ist.
d) Bei der externen Kapitalflussrechnung wird eine Rekonstruktion der Zahlungsströme aus den Daten der Anfangs- und Schlussbilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommen, soweit dies die Aufgliederung des Jahresabschlusses zulässt.
Beurteilung: Da sie grundsätzlich alle zur Verfügung stehenden Daten verwendet, ist dieses Instrument für eine Beurteilung der Finanzlage am ehesten geeignet. Jedoch gelten auch hier die für den Cashflow genannten Einschränkungen.
Vgl. auch Finanzanalyse.
2. Analyse der Ertragslage: a) Benutzt wird v.a. die Gewinn- und Verlustrechnung, sofern nicht bei der internen Unternehmensanalyse auf die Daten der Kostenrechnung (Betriebsergebnis) zurückgegriffen werden kann. Zunächst muss versucht werden, das Unternehmensergebnis in seine Quellen aufzuspalten, v.a. alle einmaligen, nicht wiederholbaren und periodenfremden Aufwendungen und Erträge auszusondern, da für Beurteilung und Prognose der Ertragslage in erster Linie das betriebliche, ordentliche, periodeneigene Ergebnis von Bedeutung ist. Wie weit dies gelingen kann, ist abhängig von der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung. Die nach dem § 275 HGB für Kapitalgesellschaften vorgesehene Gliederung lässt zwar eine Aufspaltung des Unternehmungsergebnisses in ein Finanz- und betriebliches Ergebnis zu, doch enthält v.a. Letzteres im betriebswirtschaftlichen Sinn betriebsfremde, außerordentliche und periodenfremde Elemente, von denen nur wenige eliminiert werden können (z.B. Erträge aus Zuschreibungen aufgrund des Anlagegitters). V.a. das Ausmaß der Legung und Auflösung stiller Reserven, das nur in einigen Fällen durch Angabepflichten im Anhang erkennbar wird, erschwert eine Beurteilung der Ertragslage.
b) Kennzahlen: Neben der Untersuchung der Aufwands- und Ertragsstruktur zum Zweck der Analyse von Ursachen für Ertragsverschiebungen dienen als Maßstab im Zeit- und zwischenbetrieblichen Vergleich bes. die Kennzahlen der Rentabilität, indem das jeweilige Ergebnis zu den (ebenfalls bewertungsabhängigen) Größen Gesamt- und Eigenkapital oder als Umsatzrentabilität zu den Umsatzerlösen in Beziehung gesetzt wird.
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