Gesetz der konstanten Lohnquote
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Während die ökonomischen Klassiker keineswegs von einer Konstanz der funktionalen Einkommensverteilung ausgingen, änderte sich diese Auffassung unter dem Einfluss der empirischen Arbeiten von Arthur L. Bowleys (1869-1957) zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Auf Bowley geht das „Gesetz der konstanten Lohnquote“ zurück. Unter dem Einfluss dieses „Gesetzes“ veränderte sich die Fragestellung der funktionalen Verteilungstheorie. Nun ging es nicht mehr darum, wie die jeweiligen Niveaus der Lohn- und Profitquote zustande kommen und welche Ursachen zu Veränderungen der Einkommensanteile am Volkseinkommen führen. Der beherrschende Untersuchungsgegenstand besteht seitdem in der Frage, welche Gründe für die angebliche Konstanz der Lohnquote verantwortlich sind.
Dabei präsentieren die drei bedeutsamen Theorien der funktionalen Einkommensverteilung eine ganz unterschiedliche Modellierung, wenn eine Konstanz der Lohnquote abgebildet werden soll. Die neoklassische Theorie mit ihren Annahmen von maximierenden Agenten, vollkommener Konkurrenz und Vollbeschäftigung unterlegt ihrer Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung in der einfachen Version ohne technischen Fortschritt eine Produktionsfunktion vom Cobb-Douglas-Typ, deren Substitutionselastizität dafür sorgt, dass sich die Faktoreinkommensanteile nicht ändern. Wird der technische Fortschritt berücksichtigt, wird zusätzlich seine Neutralität angenommen.
Die post-keynesianische Verteilungstheorie bietet mit der Kaldor-Formel zwar eine ganz andersartige Erklärung der Einkommensverteilung an, die aber im Endeffekt ebenfalls zu konstanten Einkommensanteilen führt. Hier sind die Ex-Post-Identität von Ersparnis und Investition sowie die unterschiedlichen aber exogen gegebenen Sparneigungen aus Lohn- und Profit die wesentlichen Gründe für die Konstanz der funktionalen Einkommensverteilung. Die Höhe der Einkommensanteile wird im Vollbeschäftigungsgleichgewicht von der Investitionsquote festgelegt, die selber aus wachstumstheoretischen Überlegungen bestimmt wird und deren Konstanz ebenfalls als ein stilisiertes Faktum erachtet wird.
Als Begründer des dritten Ansatzes der wichtigen modernen Verteilungstheorien gilt Michal Kalecki, ein weiterer Vertreter der post-keynesianischen Theorie. Bei Kalecki bestimmen Firmen, die auf nicht vollkommenen Märkten mit unterausgelasteten Ressourcen agieren, ihre Preise mittels Zuschlagskalkulation auf die Kosten. Der Aufschlagfaktor wird vom Monopolgrad determiniert, welcher laut Kalecki in der langen Frist eine prinzipiell ansteigende Tendenz besitzt. Wenn andererseits die Rohstoffpreise sinken oder der gesamtwirtschaftliche Monopolgrad zunimmt, können sich diese Einflüsse gegenseitig so kompensieren, dass eine Konstanz der langfristigen funktionalen Einkommensverteilung resultiert.
Betrachtet man die Theorien der funktionalen Verteilung im Überblick, so stellt man fest, dass sie die Konstanz der funktionalen Einkommensverteilung entweder durch eine Konstanz der zentralen Determinanten der Verteilung oder durch einander quasi automatisch kompensierende Kräfte „erklären“.