Direkt zum Inhalt

Finanzkrisen

(weitergeleitet von Informationskrise)
Definition: Was ist "Finanzkrisen"?

Finanzkrisen sind meist innerhalb kurzer Zeit auftretende gravierende und nicht-temporäre Verschlechterungen in den Ausprägungen von wesentlichen Finanzmarktindikatoren (Wertpapier- und Wechselkurse, Zinsen, Bonitätsbewertungen etc.), die massive und andauernde realwirtschaftliche Folgen nach sich ziehen können. Das Phänomen der Finanzkrisen ist außerordentlich vielgestaltig und begrifflich schwer zu fassen. Finanzkrisen sind ein historisch immer wieder auftretendes Phänomen (Subprime-Krise).

GEPRÜFTES WISSEN
Über 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 25.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

zuletzt besuchte Definitionen...

    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Meist innerhalb kurzer Zeit auftretende gravierende und nicht-temporäre Verschlechterungen in den Ausprägungen von wesentlichen Finanzmarktindikatoren (Wertpapier- und Wechselkurse, Zinsen, Bonitätsbewertungen etc.), die massive und andauernde realwirtschaftliche Folgen nach sich ziehen können. Das Phänomen der Finanzkrisen ist außerordentlich vielgestaltig und begrifflich schwer zu fassen. Finanzkrisen sind ein historisch immer wieder auftretendes Phänomen (Subprime-Krise).

    2. Arten: (Hinsichtlich des Grades der in ihnen zum Ausdruck kommenden Marktanomalie): a) Informationskrise: Oftmals liegt lediglich eine (evtl. aufgestaute) Verschlechterung der Fundamentalwerte einer Finanzkrise zugrunde, die eine Wertkorrektur der entsprechenden Wertschriften zur Folge hat. Durch zunächst korrigierende Eingriffe oder unzureichende Informationsdiffusion kann es zu Verzögerungen der Anpassungen (Hysterese) kommen, die sich schließlich bei Versagen der Korrektur oder Eintreffen der Information krisenartig entladen, wobei Überschießungseffekte auftreten können. Diese Form der Krise hat im Wesentlichen langfristig stabilisierenden Charakter und kann nicht als Marktanomalie bezeichnet werden, wenngleich hiermit oftmals schmerzliche Auswirkungen für die Betroffenen verbunden sind.

    b) Spekulationskrise: Anders verhält es sich dann, wenn die Dispositionen der Finanzmarktakteure sich nicht an Fundamentaldaten ausrichten, sondern durch die allg.  Marktentwicklung oder das Verhalten anderer Marktteilnehmer bedingt sind. In diesem Fall ist oftmals eine irrationale spekulationsorientierte Sozialdynamik mit einem hohen Ausmaß an Mitläuferspekulation zu beobachten, die zu einer im Wege einer positiven Rückkopplung immer weiter zunehmenden Divergenz zwischen Fundamental- und Finanzmarktwerten führt. Auf diese Weise kommt es zum Entstehen einer sog. spekulativen Blase, deren Zerplatzen krisenhafte Erscheinungen nach sich zieht.

    3. Ausbreitung: Die Gefahr der Ausbreitung einer zunächst einzelwirtschaftlich oder lokal begrenzten Finanzkrise auf die gesamtwirtschaftliche Ebene wird als Systemrisiko bezeichnet. Neben der Intensität und dem Gewicht der Initialkrise tragen der Grad der Verflechtung der Finanzmärkte, die Bedeutung der Mitläuferspekulation, die Marktüblichkeit bestimmter Finanzinstrumente (Derivate) sowie marktstrukturelle Gegebenheiten (Anteil fungibler Portfolioinvestitionen im Verhältnis zu Direktinvestitionen) zum Systemrisiko bei.

    4. Maßnahmen gegen Finanzkrisen: Hierbei kann zwischen ursachen- und folgenseitigen Maßnahmen unterschieden werden. Ursachenseitige Maßnahmen können bes. die Konsolidierung der Struktur der Finanzmärkte und die Transparenz und Effizienz der institutionellen Strukturen (Einführung einer funktionierenden Bankenaufsicht, Bekämpfung von Nepotismus und Korruption) umfassen, was dazu beitragen kann, auch Informationskrisen zu verhindern oder in ihren Auswirkungen zu dämpfen. Die Folgen der letztgenannten Krisenform gehen auf effizientes Marktverhalten zurück und stellen als notwendige Wertberichtigungen grundsätzlich erwünschtes Marktverhalten dar. Sie können gleichwohl durch institutionelle, vertrauensbildende und im Akutfalle auch sozialpolitische Maßnahmen abgefedert werden. Im Fall von Spekulationskrisen treten Marktineffizienzen auf, die auf destabilisierende Spekulation zurückgehen. Zur Bekämpfung dieses Phänomens wurde vorgeschlagen, eine Spekulationssteuer mit einem einheitlichen Satz von 0,5 Prozent des Transaktionswertes sämtlicher Finanzmarkttransaktionen einzuführen, die dazu dienen soll, v.a. kurzfristige Spekulationen zu erschweren (sog. Tobin Tax). Da diese jedoch weltweit eingeführt werden müsste, sind die Realisierungschancen dieser Steuer derzeit eher als gering einzustufen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass eine derartige Steuer systemstabilisierende Transaktionen verhindert. Ferner muss beachtet werden, dass spekulative Marktteilnehmer selber einen Stabilisierungsbeitrag leisten können. Zusätzliche Marktteilnehmer steigern das Transaktionsvolumen (Markttiefe) und stellen damit sicher, dass sich kursrelevante Informationen schneller in den Preisen widerspiegeln. Andere Maßnahmenvorschläge zur Vermeidung von Finanzkrisen konzentrieren sich auf eine eingehendere Regulierung spezifischer Finanzinstrumente (z.B. derivative Instrumente) oder spezifischer Marktteilnehmer (wie Hedge Funds), die durch eine erhöhte Risikobereitschaft geprägt sind, um Systemrisiken zu vermindern.

    Mit Ihrer Auswahl die Relevanz der Werbung verbessern und dadurch dieses kostenfreie Angebot refinanzieren: Weitere Informationen

    Mindmap "Finanzkrisen"

    Hilfe zu diesem Feature
    Mindmap Finanzkrisen Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/finanzkrisen-35685 node35685 Finanzkrisen node51706 Subprime-Krise node35685->node51706 node35581 Hysterese node35685->node35581 node51732 Minsky-Effekt node35685->node51732 node51731 Sozialpolitik in der ... node51731->node35581 node38516 natürliche Arbeitslosigkeit node40719 Neuer Keynesianismus node40719->node35581 node52231 Konjunkturprogramm node52231->node35685 node52230 Konjunkturpaket II node52231->node52230 node28241 Arbeitsmarkt node52231->node28241 node40880 Konjunkturpolitik node52231->node40880 node35581->node38516 node52230->node35685 node52230->node51706 node52127 Abwrackprämie node52230->node52127 node122373 Corona-Krise node122373->node52231 node52127->node51706 node53290 Subprime-Kredit node53290->node51706 node51732->node51706
    Mindmap Finanzkrisen Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/finanzkrisen-35685 node35685 Finanzkrisen node51706 Subprime-Krise node35685->node51706 node35581 Hysterese node35685->node35581 node52231 Konjunkturprogramm node52231->node35685 node51732 Minsky-Effekt node51732->node35685 node52230 Konjunkturpaket II node52230->node35685

    News SpringerProfessional.de

    Literaturhinweise SpringerProfessional.de

    Bücher auf springer.com

    Sachgebiete