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E-Food

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Der Begriff Electronic-Food („E-Food“) ist an die etablierten Begriffe E-Commerce bzw. E-Business angelehnt und bezeichnet den Kauf von Lebensmitteln über die digitalen Vertriebskanäle. In der Marketingpraxis und der wissenschaftlichen Marketingforschung gibt es außer E-Food noch weitere Bezeichnungen wie z.B. Lebensmittel-Onlineeinzelhandel (LOEH), Lebensmittel-Onlinehandel, Online-Food-Retailing, Online-Grocery-Shopping, Electronic-Grocery-Shopping (EGS). Neben seiner Schlichtheit und Prägnanz bietet der Begriff E-Food auch den Vorteil, dass dieser international verwendbar ist.

    2. Voraussetzungen: Der zunehmende Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Wirtschaft und die Verbreitung des leistungsfähigen Breitbandinternets gelten als wichtige Voraussetzungen für das steigende Handelsvolumen über das Internet. Die technologische Entwicklung im temperaturgeführten Verkehr und in der Intralogistik ermöglicht zudem die Ausweitung des Onlinevertriebs von zunächst nur Non-Food-Gebrauchsgütern wie z.B. Bekleidung, Elektronikartikeln und Büchern auf die Warengruppe Lebensmittel. Technisch optimierte Fahrzeuge stellen eine adäquate, ununterbrochene Kühlkette bei der Auslieferung von kühlpflichtigen, verderblichen Lebensmitteln sicher. Diese technischen Innovationen, die sich in einem kontinuierlichen Optimierungsprozess befinden, eröffnen neue Möglichkeiten für den Lebensmittelhandel, sodass dem E-Food-Markt ein Wachstumspotenzial attestiert wird.

    3. Vertriebskonzepte und Geschäftsmodelle im Bereich E-Food: Die verschiedenen Angebotsformen von E-Food (E-Food-Konzepte) können zum Zwecke einer systematischen Analyse nach unterschiedlichen Kriterien kategorisiert werden. Zunächst ist eine Differenzierung nach Geschäftsmodellen möglich. Neben den reinen Online-Einzelhändlern von Lebensmitteln, die sich als Pure Player des E-Food-Marktes bedienen, weiten auch traditionelle im Filialgeschäft etablierte Lebensmitteleinzelhändler ihr Angebot auf den Online-Absatzkanal aus und werden somit zu Multi-Channel-Anbietern. Auch E-Marketplace-Betreiber (E-Marketplace) wie Amazon oder DHL (Allyouneed Fresh) nehmen Lebensmittel in ihre Produktpalette auf und steigen in das E-Food-Geschäft ein.

    Eine weitere Differenzierung nach Vertriebskonzepten verdeutlicht die unterschiedlichen Auslieferungsmöglichkeiten der über das Internet bestellten Lebensmittel. Die Tabelle veranschaulicht die verschiedenen Distributions- bzw. Vertriebskonzepte unter Angabe des jeweiligen Geschäftsmodells.

    GeschäftsmodellVertriebskonzept Beschreibung

    Ausgewählte Beispiele

    I:  national

    II: international

    Pure player

    bzw.

    E-Marketplace- Betreiber
    Zentrallager mit Auslieferung Reine Onlinehändler, die keine Filiale besitzen, liefern die zuvor online bestellten Waren aus einem Zentrallager nach Hause bzw. an einen vereinbarten Ort (z.B. Arbeitsstätte).

    I: lebensmittel.de, mytime.de, allyouneed.de, freshfoods.de*, Amazon**

    II: Ocado (UK),

    LeShop (CH)

    Multi-Channel- Anbieter

    Filialbasierte Auslieferung

    Klassisch: Bestellung über das Internet bei traditionellen Einzelhändlern und Auslieferung an einem individuell vereinbarten Termin nach Hause bzw. an einen vereinbarten Ort (z.B. Arbeitsstätte)

    I: Edeka24, REWE*, Rossmann***, dm***, Lidl***

    II: Tesco (UK), Carrefour (F), Asda (UK), E. Leclerc (F)

    Innovationen: An öffentlichen Plätzen wie z.B. U-Bahn-Stationen oder Flughäfen werden Wandplakate in Form von Supermarktregalen als virtuelle Einkaufsläden gestaltet. Die präsentierten Produkte sind mit einem QR-Code versehen und können über eine spezielle App mit dem Smartphone eingelesen und bestellt werden. Die Auslieferung erfolgt nach Hause bzw. an einen vereinbarten Ort (z.B. Arbeitsstätte).

    I: Die “Shoping Wall”* von Emmas Enkel in Kooperation mit Vodafone

    II: Tesco‘s „Home plus“-Store in Südkorea oder dem UK
    Abholung in der FilialeTraditionelle Einzelhändler bieten die zeitsparende Möglichkeit der Online-Bestellung mit anschließender Selbstabholung der bereits gepackten Ware in der Filiale.

    I: REWE*, Real*, Edeka*, Emmas Enkel*

    II: Tesco (UK)

    Zentrallager mit Selbstabholung

    “Click and Collect“/ „Drive-In“/

    ”Drive-Through”

    Online-Bestellung und Selbstabholung der gepackten Waren am Drive-In-Schalter eines Zentrallagers oder einer Filiale.

    I: Real,-drive*, Edekadrive*

    II: Leclerc (F), Auchan (F), Carrefour (F)

    *Diese Dienste werden nur in ausgewählten Gebieten bzw. Städten angeboten.

    **Momentan nur haltbare Produkte. Die Auslieferung von frischen Lebensmitteln (Amazonfresh) befindet sich noch in der Testphase in den USA und im UK und ist auch für Deutschland geplant.

    ***Ausgewählte Produkte aus dem Trockensortiment.

    Ergänzend soll darauf hingewiesen werden, dass im dynamischen E-Food Markt stets Anpassungen an den Marktgegebenheiten stattfinden, sodass eine eindeutige und dauerhafte Zuordnung zu einer einzelnen Kategorie nicht immer möglich ist. Anbieter wie REWE oder Tesco zum Beispiel, die mit einer filialbasierten Auslieferung starten, entwickeln ihre Logistik-Konzepte weiter und nutzen bereits die sogenannten „Dark Stores“ als Vorstufe der Lagerzulieferung. Nicht berücksichtigt in der Typologisierung bleiben weiterhin produzierende Unternehmen der Lebensmittelbranche, die das Internet zunehmend als Vertriebskanal nutzen und die somit Vertikalisierungstendenzen aufweisen (z.B. HARIBO). Auch klassische Lebensmittel-Distanzhändler, die den Versandhandel mit Spezialitäten betreiben, verfolgen zunehmend den hybriden Ansatz und erweitern ihre Reichweite durch digitale Kanäle.

    Als eine Sonderform im E-Food Bereich können noch sogenannte „Aggregatoren“ genannt werden, die als E-Marketplace für regionale Erzeuger agieren. Die Lebensmittel, die über diese Online-Plattformen bei den verschiedenen Landwirten und Erzeugern aus dem Umland bestellt werden, können entweder an einem lokalen Markt vor Ort abgeholt werden (Food Assembly) oder werden nach Hause ausgeliefert (Green Farmer).

    4. E-Food-Sortiment: Hinsichtlich des Sortiments lässt sich zwischen Anbietern eines Voll- und eines Fachsortiments im Bereich E-Food unterscheiden. Im Letzteren werden Spezialitäten bzw. Delikatessen (z.B. gourmondo) oder Bioprodukte (z.B. amorebio) angeboten. Als Spezialisten werden auch Mass-Customization-Modelle bezeichnet, die individuelle Produkte für den Verbraucher anbieten (z.B. mymuesli, justspices, DerZuckerbäcker). Darüber hinaus gibt es weitere innovative Konzepte wie z.B. das Kaufen nach Rezept als Form von Abonnementmarketing (hellofresh, marley spoon). Zahlreiche Startups nutzen zudem die vermeintlich geringen Markteintrittsbarrieren und bieten stetig neue Produkte über das Internet an.

    5. Zielgruppen: Zu den Vorteilen, die E-Food gegenüber einer herkömmlichen stationären Lebensmittel-Einkaufstätte bietet, gehört insbesondere der Convenience-Aspekt. Dieser ist z. B. vor allem für junge Konsumenten bzw. junge Familien von großer Bedeutung, die aufgrund ihres modernen Lebensstils oder ihrer Lebenszyklusphase Zeit einsparen wollen. Der mobile Zugang zu den Online-Geschäften mithilfe von Smartphones ermöglicht zudem ein flexibles Zeitmanagement und bringt somit einen Zusatznutzen. Als weiterer Grund für die Nutzung von E-Food wird auch die körperliche Entlastung genannt, denn bei einer Auslieferung nach Hause entfällt das Tragen von schweren Waren. Es bleibt nun offen, ob mit einer steigenden Internet-Affinität und einer eventuellen Verbesserung in der Handhabung der Web-Shops auch weitere Zielgruppen wie z.B. die der Senioren erschlossen werden können. Für die Beantwortung dieser Frage ist es entscheidend zu wissen, ob und in welchem Maße E-Food deren Bedürfnis nach Autonomie tatsächlich unterstützen kann.

    6. Herausforderungen: Der Umsatz-Anteil von E-Food ist im deutschen Lebensmittelmarkt relativ klein. Auch im europäischen Vergleich nimmt das deutsche E-Food-Geschäft einen geringen Stellenwert ein. Die Etablierung des E-Food-Geschäfts auf dem deutschen Lebensmittelmarkt ist zum Teil aufgrund struktureller Faktoren mit großen Herausforderungen verbunden. Dazu zählen die starke Konkurrenz auf dem hart umkämpften Lebensmittelmarkt, die geringen Margen von Lebensmitteln, das dichte Netz stationärer Lebensmitteleinkaufsstätten sowie die hohe Preissensitivität der deutschen Kunden.

    Lebensmittel bundesweit online anzubieten setzt zudem die Ausdehnung von bisher nur in urbanen Zentren existierenden logistischen Strukturen auf ländliche Regionen voraus. Eine optimierte Logistikkette beinhaltet weiterhin neben der Aufrechterhaltung der Kühlkette verschiedener Produktgruppen auch zusätzliche Services wie z.B. den einer Pfandentgegennahme. Auch Lösungsansätze im Umgang mit Reklamationen der nach Hause gelieferten Lebensmittel stellen eine Herausforderung dar. Zusätzliche Marktaktivitäten sind zudem noch notwendig, um z.B. den Bekanntheitsgrad zu steigern und den Besucher des Online-Shops zum Kauf bzw. Wiederkauf anzuregen. Für eine wichtige Umsatzquelle im stationären Lebensmittelhandel, den Spontankauf, müssen auch im Online-Bereich noch neue Lösungen entwickelt werden.

    Der Erfolg des Online-Lebensmittelhandels hängt ferner davon ab, in welchem Maße das Vertrauen der Kunden gewonnen werden kann. Die bisher geringe Akzeptanz bei den Verbrauchern ist neben allgemeinen Bedenken hinsichtlich der Qualität und Frische der Produkte u.a. auf folgende Gründe zurückzuführen:

    • Die Mehrheit der deutschen Haushalte geht mindestens einmal in der Woche Lebensmittel auf klassische Art und Weise in einem Geschäft einkaufen. Diese Gewohnheit ist fest im Konsumverhalten breiter Bevölkerungsschichten verankert. Die derzeitigen Haushaltsvorstände, die Lebensmittel einkaufen, sind mit Lebensmittelfilialen sozialisiert worden. Eine Umgewöhnung eines fest verankerten Einkaufsverhaltens ist oft aus Verbrauchersicht nicht gewollt. Der Wunsch, die Produkte zu sehen und zu fühlen, gilt zum Beispiel als eins der meistgenannten Argumente, die gegen den Online-Kauf von Lebensmitteln sprechen.
    • Die deutschen Kunden sind über Jahrzehnte günstige Lebensmittelpreise gewohnt. Beim klassischen Einkauf in einer Filiale trägt der Kunde die Such- und Logistikkosten selber. Beim Onlinekauf übernehmen je nach Angebotsform die Händler bzw. ein Logistikdienstleister die Kommissionierungs-, Kühl- und Lieferkosten. Diese zusätzlichen Kosten erhöhen somit i.d.R. den Einkaufswert. Für Zielgruppen, die besonders preissensibel sind, ist der Onlinekauf daher derzeit weniger von Bedeutung.
    • Der Erlebniskaufcharakter kann im Internet derzeit nicht so abgebildet werden wie in einer Filiale. Die Anregung der Sinne durch das Internet ist eine Herausforderung, für die momentan Lösungsansätze entwickelt werden (z.B. die Zusammenarbeit von KptCook und real,- in Berlin, als eine Form von "Online-to-Offline Commerce“).

    Trotz der genannten Herausforderungen kann es sich derzeit kein Händler erlauben, diesen wichtigen, wachstumsstarken Vertriebskanal ganz zu vernachlässigen. Viele Händler testen gegenwärtig unterschiedliche Konzepte, um den gestiegenen Kaufansprüchen gerecht zu werden.

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