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Haftung

Definition: Was ist "Haftung"?
Im weitesten Sinne das rechtliche "Dafürgeradestehenmüssen", dass ein eigener oder ein fremder Fehler oder auch ein ohne einen solchen Fehler entstandes Ereignis einer anderen Person einen Schaden verursacht hat. 

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    I. Bürgerliches Recht:

    1. Allgemeine Haftung: Grundsätzlich nur Haftung für eigenes Verschulden, ausgenommen die Haftung:
    (1) Für Erfüllungsgehilfen;
    (2) für Verrichtungsgehilfen;
    (3) des Inhabers einer Fabrik, eines Bergwerks, eines Steinbruchs oder einer Grube für das Verschulden seiner Bevollmächtigten, Repräsentanten und Aufsichtspersonen (gefährliche Betriebe);
    (4) bei Gefährdungshaftung, z.B. Tierhalter.

    2. Besondere Haftung: a) Haftung der öffentlichen Körperschaftenfür Amtspflichtverletzungen ihrer Bediensteten gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB.

    Vgl. auch Amtshaftung.

    b) Besondere Haftungsregelungen existieren z.B. für den Bereich des Postwesens in § 35 des Postgesetzes für Schäden bei der Durchführung der förmlichen Zustellung für verpflichtete Lizenznehmer.

    c) Haftung bei Verkehrsunfällen: Grundsätzlich für Fahrer und Halter bei Verschulden; im Übrigen trifft den Halter die Gefährdungshaftung.

    II. Steuerrecht:

    1. Grundlagen:In Übereinstimmung mit dem Privatrecht bedeutet Haftung auch im Steuerrecht, für Schulden einstehen zu müssen, dem Zugriff der Vollstreckungsbehörde zu unterliegen. Haftung im Steuerrecht ist regelmäßig persönliche Haftung für fremde Schuld (Fremdhaftung), in Ausnahmefällen auch Sachhaftung.

    2. Haftungstatbestände: Steuerlich relevante Haftungstatbestände finden sich in der Abgabenordnung, den Einzelsteuergesetzen, im Zivil- und Handelsrecht. Es haften:
    (1) Dritte, die bei der Entrichtung der Steuer für den Schuldner kraft Gesetzes mitzuwirken haben, für die einzubehaltende und zu entrichtende Steuer (z.B. Arbeitgeber, § 42d I EStG; Kapitalgesellschaften, § 44 V EStG; Versicherungsunternehmen, § 20 VI ErbStG, § 7 I 2 VersStG; Leistungsempfänger beim Steuerabzug bei Bauleistungen, § 48a III EStG; Vergütungsschuldner für den Steuerabzug bei bestimmten Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger, § 50a EStG; Aussteller einer unrichtigen Spendenbescheinigung, §§ 10b IV 2 EStG, 9 I 2 KStG; Abtretungsempfänger/Pfandgläubiger/Vollstreckungsgläubiger für die Umsatzsteuer bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen, § 13c UStG);
    (2) gesetzliche Vertreter, Geschäftsführer, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigte, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt bzw. Steuervergütungen/-erstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden (§§ 69 i.V. mit §§ 34, 35 AO);
    (3) Vertretene unter bestimmten Voraussetzungen für durch Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung verkürzte Steuern oder zu Unrecht gewährte Steuervorteile (§ 70 AO);
    (4) Steuerhinterzieher und Steuerhehler für die verkürzten Steuern, die zu Unrecht gewährten Steuervorteile und die Hinterziehungszinsen (§ 71 AO);
    (5) wer vorsätzlich oder grob fahrlässig die Pflicht zur Kontenwahrheit verletzt, soweit dadurch die Verwirklichung von Steueransprüchen beeinträchtigt wird (§ 72 AO);
    (6) die Organgesellschaft für bestimmte Steuern des Organträgers (§ 73 AO);
    (7) an einem Unternehmen wesentlich beteiligte Personen für betriebliche Steuern des Unternehmens (§ 74 AO);
    (8) Betriebsübernehmer für betriebliche Steuern und Steuerabzugsbeträge (§ 75 AO);
    (9) Sachhaftung, d.h. Waren, die einer Verbrauchsteuer oder einer Ein-/Ausfuhrabgabenpflicht unterliegen (§ 76 AO). Sie entsteht bei ein-/ausfuhrabgaben- oder verbrauchsteuerpflichtigen Waren, wenn nichts anderes vorgeschrieben ist, mit ihrem Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes, bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren auch mit Beginn ihrer Gewinnung oder Herstellung.
    (10) Erben für Nachlassverbindlichkeiten nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts (§ 45 II AO). Die zivilrechtlichen und handelsrechtlichen Haftungsvorschriften bleiben unberührt, sie sind neben den steuerrechtlichen Vorschriften anwendbar.

    Vgl. z.B. zur Haftung bei Geschäftserwerb § 25 HGB: Veräußerung.

    3. Haftungsfolgen: a) Der Haftungsanspruch ist ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO), er entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Haftung knüpft (§ 38 AO). Der Haftungsschuldner ist Gesamtschuldner (§ 44 I AO).

    b) Der Haftungsschuldner haftet grundsätzlich für die gesamte Steuerschuld unbeschränkt. Haftungsbeschränkungen bestehen für wesentlich Beteiligte (Haftung nur mit den eigenen Gegenständen, die dem Unternehmen dienen, Haftung nur für betriebsbedingte Steuern (Gewerbe- und Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern; § 74 AO), Betriebsübernehmer (Haftung nur mit dem Bestand des übernommenen Vermögens, Haftung nur für betriebsbedingte Steuern (Gewerbe- und Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern, Steuerabzugsbeträge), sowie zeitliche Beschränkungen gemäß § 74, 75 AO).

    c) Der Haftungsschuldner kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden (Opportunitätsprinzip; § 191 I 1 AO). Ein Haftungsbescheid kann grundsätzlich nicht mehr ergehen, wenn die Steuerfestsetzung nicht erfolgt ist und wegen Fristablauf nicht mehr erfolgen kann, wenn die festgesetzte Steuer verjährt ist oder erlassen wurde (§ 191 V AO). Gegen den Haftungsbescheid ist

    trotz Ermessen der Finanzbehörde

    der Einspruch gegeben.

    d) Der Haftungsschuldner darf auf Zahlung grundsätzlich nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners erfolglos war oder aussichtslos erscheint (§ 219 AO), es sei denn die Haftung beruht auf Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei durch den Haftungsschuldner oder auf Verletzung seiner Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung bzw. Entrichtung von Steuern zulasten eines anderen.

    III. Arbeitsrecht:

    1. Haftung des Arbeitgebers: a) Beschränkte Haftung für Personenschäden des Arbeitnehmers (§ 104 SGB VII): Für Personenschäden (alle Schäden aus Tötung und Verletzung) bei Arbeitsunfällen haftet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, seinen Angehörigen und Hinterbliebenen nur bei Vorsatz und Unfällen im allgemeinen Verkehr (zu dem wird Werkverkehr nicht gerechnet); die Regelung betrifft Personenschäden einschließlich des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld nach § 253 BGB).

    Grund der Regelung ist, dass der Arbeitgeber allein die Beiträge zur Unfallversicherung trägt und deshalb von jedem zusätzlichen Risiko befreit sein soll (Unternehmerprivileg).

    Zivilrechtliche Rückgriffsansprüche der Sozialversicherungsträger, die bei Arbeitsunfällen Leistungen gewährt haben, gegen den Arbeitgeber, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat (§ 110 SGB VII).

    b) Haftung für Sachschäden des Arbeitnehmers:Werden bei einem Arbeitsunfall eingebrachte Sachen des Arbeitnehmers beschädigt (z.B. Kleidung), richtet sich die Ersatzpflicht des Arbeitgebers nach der allgemeinen Verschuldenshaftung aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung.

    Auch ohne Verschuldenhat der Arbeitgeber Schäden an Sachen des Arbeitnehmers zu ersetzen, die bei der Arbeit entstanden sind, es sei denn, die Schäden gehören zum allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers oder sind durch das Arbeitsentgelt abgegolten (§ 670 BGB). Z.B. hat der Arbeitgeber den Schaden am arbeitnehmereigenen Kfz auf Dienstfahrten zu ersetzen, wenn er ohne Einsatz des Kfz des Arbeitnehmers ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste.

    Mitverschulden des Arbeitnehmers entsprechend § 254 BGB zu berücksichtigen.

    2. Haftung des Arbeitnehmers: a) Haftung gegenüber dem Arbeitgeber:
    (1) Fügt der Arbeitnehmer bei Erfüllung des Arbeitsvertrages dem Arbeitgeber schuldhaft einen Schaden zu, haftet er nach den Grundsätzen über die positive Vertragsverletzung (jetzt: § 280 BGB) und u.U. (bei Eigentumsverletzung) wegen unerlaubter Handlungnach Maßgabe der §§ 823 ff. BGB.
    (2) Im Arbeitsverhältnis wird die Verschuldungshaftung des BGB den modernen Verhältnissen nicht gerecht. Durch geringes Verschulden können Arbeitnehmer, die mit immer höheren Vermögenswerten zu tun haben, einen sehr großen Schaden verursachen. Nach der Rechtsprechung ist die Haftung wegen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bzw. dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers beschränkt, wenn der Schaden bei einer betrieblichen Tätigkeit verursacht wurde: (a) Leichteste Fahrlässigkeit: Keine Haftung; (b) Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: Grundsätzlich volle Haftung; (c) mittlere Fahrlässigkeit: Schadensteilung unter Abwägung von Verschulden des Arbeitnehmers und Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Beweislast für Pflichtverletzungen und Verschulden hat der Arbeitgeber (§ 619a BGB).

    b) Haftung unter Arbeitskollegen: Ist ein Arbeitsunfall durch einen im gleichen Betrieb tätigen Arbeitnehmer bei betrieblicher Tätigkeit verursacht worden, haftet er für einen Personenschaden nur, wenn er den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat (§ 105 SGB VII).

    Vgl. auch Unfallversicherung.

    c) Haftung gegenüber Dritten (nicht Angehörige desselben Betriebs): Der Arbeitnehmer haftet gegenüber diesen nach den allgemeinen Vorschriften über die unerlaubten Handlungen.

    Im Innenverhältnis von Arbeitgeber und -nehmer können die Schäden Dritter nicht anders behandelt werden als Schäden des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat daher einen Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber bei betrieblicher Arbeit und leichter Fahrlässigkeit.

    IV. Wettbewerbsrecht:

    1. Haftung für Angestellte und Beauftragte:Betriebsinhaber haften ohne Entlastungsmöglichkeit für Wettbewerbsverstöße, die Angestellte und Beauftragte in dieser Eigenschaft begehen, auf Unterlassung und Beseitigung (§ 8 UWG), auf Schadensersatz jedoch mit Entlastungsmöglichkeit nach den allgemeinen Vorschriften. Angestellter ist, wer weisungsabhängig entgeltlich oder unentgeltlich aufgrund eines (wirksamen oder unwirksamen) Vertrages Dienste leistet. Beauftragter ist, wer mit Wissen und Wollen unter dem durchsetzbaren Einfluss des Betriebsinhabers für den Geschäftsbetrieb tätig ist, ohne Angestellter zu sein. Betriebsinhaber ist derjenige, in dessen Namen und auf dessen Verantwortung der Betrieb geführt wird (z.B. Gesellschaft, Erben in ihrer Gesamtheit; nicht: Organe juristischer Personen, Gesellschafter). Ergänzend wird für Organisationsmängel, nach § 831 BGB und im Rahmen von Schuldverhältnissen nach § 278 BGB gehaftet.

    2. Störerhaftung: Traf nach früherer Rechtsprechung jeden, von dem ein wettbewerbswidriges Tun oder Unterlassen ernstlich zu befürchten war (Begehungsgefahr), gleichgültig ob er den Wettbewerbsverstoß selbst willentlich und adäqual kausal beging oder den eines Dritten veranlasste, förderte oder für sich ausnutzte. Um eine uferlose Ausdehnung der Störerhaftung zu vermeiden, nahm die Rechtsprechung zunächst eine Einschränkung vor, indem sie die Verletzung einer "Prüfungspflicht" zur Voraussetzung der Störerhaftung machte. Mit seiner aktuellen Rechtsprechung hat der BGH die Figur der Störerhaftung im Wettbewerbsrecht aufgegeben. Es gibt nur noch eine wettbewerbsrechtliche Täterhaftung, wobei die Haftung als Täter bereits in Betracht kommen kann, wenn Prüfungspflichten verletzt werden.

    3. Presse: Haftet als Störer bei der Verbreitung wettbewerbswidriger Anzeigen, wenn sie ihre auf grobe und eindeutige Verstöße beschränkte Prüfungspflicht verletzt. Für die Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien haften neben dem Urheber auch Verleger, Sendeanstalt, Herausgeber und Redakteur. Der Presseinformant haftet als Störer, wenn er den Verstoß durch unrichtige oder missverständliche Darstellung veranlasst hat und mit der Veröffentlichung rechnen muss, es sei denn, er hat sich die Überprüfung vorbehalten. Ist die Information sachlich und zutreffend, haftet der Informant nicht schon wegen ihrer Übergabe an die Presse für eine redaktionell getarnte Werbung (Kundenfang), es sei denn, diese ist beabsichtigt oder mit ihr ist zu rechnen.

    4. Staat: Soweit staatliche Stellen am Wirtschaftsleben teilnehmen, unterliegen sie dem Wettbewerbsrecht und haften für Wettbewerbsverstöße, wobei zwischen hoheitlichem und fiskalischem Handeln zu unterscheiden ist. Hoheitliches Handeln in Erfüllung gesetzlicher Vorgaben ist kein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs und begründet keine wettbewerbsrechtliche Haftung. Es kann aber im Einzelfall zum Ziel haben, in den Wettbewerb einzugreifen. Überschreitet ein zielgerichteter hoheitlicher Eingriff nach Art und Umfang das zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe Notwendige (z.B. Eingriff, der den Leistungswettbewerb in seinem Bestand bedroht), hat das Handeln als Wettbewerbsmaßnahme Doppelnatur mit der Folge, dass vor den Verwaltungsgerichten die Rechtmäßigkeit des Handelns als solches, vor den Zivilgerichten die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit seiner Art und Weise überprüft werden kann. Anders als hoheitliches Handeln ist die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand mit den Mitteln des Privatrechts (fiskalisches Handeln) i.d.R. Handeln im geschäftlichen Verkehr, für das die Vermutung des Handelns zu Wettbewerbszwecken gilt und nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen gehaftet wird.

    V. Außenwirtschaftsrecht:

    Die persönliche Haftung kann verschiedene Zollbeteiligte treffen, soweit sie nicht bereits Zollschuldner werden. Daneben kommt Sachhaftung nach den Regelungen der AO in Betracht (dingliche Haftung nach § 121 AO). Persönliche Haftung bedeutet die Verpflichtung zur Bezahlung der Zollschuld, dingliche Haftung die Möglichkeit, die Waren zur Befriedigung der Zollforderungen heranzuziehen.

    VI. Handelsrecht:

    Schuldenhaftung, globale Unternehmenshaftung.

    VII. Insolvenzrecht:

    Insolvenzverwalter.

    VIII. Wirtschaftstheorie:

    Verfügungsrechte.

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