Rechnungsberichtigung
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Begriff für die Umsatzsteuer. Enthält eine Rechnung nicht alle Pflichtangaben i.S. des § 14 Abs. 4 UStG, liegen für Unternehmer die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vor. Dies hatte bei Betriebsprüfungen oftmals allein die Folge eines Zinsschadens aufgrund der Vollverzinsung in der AO (§ 233a AO), da die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung nach der Verwaltungsmeinung nicht möglich war, und somit die zurückzuzahlende Vorsteuer bislang mit 6 Prozent pro Jahr verzinst werden musste.
Mit seinen Urteilen vom 15. September 2016 (Senatex C-518/14; Barlis 06 C-516/14) urteilte der EuGH, dass die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung unter bestimmten Umständen möglich sei. Das Gericht kam zu der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug nicht einzuschränken sei, wenn die grundsätzlichen materiellen Voraussetzungen vorliegen würden, selbst wenn der Unternehmer bestimmten formellen Voraussetzungen aus Art. 226 MwStSystRL nicht genügt, da der Unternehmer vollständig von der im Rahmen aller seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Zudem ist das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich für den Zeitraum auszuüben, in dem zum einen dieses Recht entstanden ist und zum anderen der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist (mit Blick auf EuGH-Urteil vom 29.4.2004, Terra Baubedarf-Handel,C-152/02)
Im Schlussantrag des Generalanwalts YVES BOT vom 17. Februar 2016 in der Rechtssache C‑518/14 (Senatex GmbH gegen Finanzamt Hannover-Nord) wurde ausgeführt, dass die deutsche Regierung angegeben hatte, dass der Umstand, dass – wie im Ausgangsrechtsstreit – das Recht auf Vorsteuerabzug aufgeschoben und dem säumigen Steuerpflichtigen Nachzahlungszinsen auferlegt wurde, Sanktionscharakter habe. Generalanwalt Bot vertrat in seinem Schlussantrag die Ansicht, dem der EuGH später auch folgte, dass bei dieser Sanktion der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wäre. Die im deutschen Verfahrensrecht vorgesehene Vollverzinsung widerspräche dem Neutralitätsprinzip der Umsatzsteuer.
Im EuGH-Urteil Barlis 06 wurde ausgeführt, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. Sie hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen.
In seinen Nachfolgeentscheidungen führte der Bundesfinanzhof (BFH) (insbesondere im Urteil vom 20. Oktober 2016, V R 26/15 in BFH/NV 2017 S. 252) aus, dass eine berichtigungsfähige Rechnung vorliegen würde, wenn sie mind. Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthalten würde. Dabei seien an die Leistungsbeschreibung nicht zu hohe Anforderungen zu stellen. Somit unterscheidet sich der Fall einer unvollständigen Rechnung von dem Fall, in dem der Steuerpflichtige überhaupt keine Rechnung besitzt.
Nach den allgemeinen Grundsätzen sei die Rechnungskorrektur bis zur letzten mündlichen Verhandlung im FG-Verfahren (als erste und letzte Tatsachen-Instanz) möglich.
Endgültig geklärt wird dieses Thema aber, zumindest aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung, nicht sein. Weitere Entwicklungen bleiben abzuwarten.