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Genossenschaft

Definition: Was ist "Genossenschaft"?

Die Genossenschaft ist eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl mit dem Zweck, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes zu fördern. Die Genossenschaft ist damit seit Einführung der Europäischen Genossenschaft nicht mehr nur auf wirtschaftliche Aktivitäten beschränkt. Als Rechtsgrundlage ist das Genossenschaftsgesetz (GenG) maßgebend.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Charakterisierung
    2. Arten
    3. Rechtliche Regelungen
    4. Steuerpflicht

    Charakterisierung

    Die Genossenschaft ist eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl mit dem Zweck, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes zu fördern (Legaldefinition des § 1 I GenG). Die Genossenschaft ist damit seit Einführung der Europäischen Genossenschaft (SCE) nicht mehr nur auf wirtschaftliche Aktivitäten beschränkt (Genossenschaftsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 6.10.2006, BGBl. I 2230). Der Charakter der Genossenschaft kommt zum Ausdruck:
    (1) In der Gleichberechtigung der Mitglieder untereinander ohne Rücksicht auf die Höhe ihrer Kapitalbeteiligung an der Genossenschaft sowie in der Selbstverwaltung durch die Genossenschaftsorgane;
    (2) im gemeinschaftlich begründeten Geschäftsbetrieb, der - in Abhängigkeit vom Einzelfall - im Sinn der Förderungsaufgabe nicht unbedingt gewinnorientiert sein muss. Die dt. Genossenschaft als einer Form solidarischer Selbsthilfe hat eine privatrechtliche Erscheinungsform; sie ist eingebunden in den marktwirtschaftlichen Prozess. Im Gegensatz dazu weisen Genossenschaftsformen im Ausland oft gemeinwirtschaftliche oder halbstaatliche Formen mit ordnungspolitischem Anspruch auf.

    Rechtsgrundlage: Genossenschaftsgesetz (GenG) und HGB.

    Arten

    1. Wirtschaftliche Arten: a) Förderungsgenossenschaft (Hilfs-Genossenschaft), die als Hilfswirtschaft der auch weiterhin selbstständig bestehenden Mitgliederwirtschaften anzusehen ist.

    Arten:
    (1) Beschaffungs-Genossenschaft: (a) Bezugs-Genossenschaft der Handwerker (Handwerkergenossenschaften), (b) Einkaufs-Genossenschaft des Handels, (c) Bezugs-Genossenschaft der Landwirte, (d) Verkehrsgenossenschaften, (e) Konsumgenossenschaft (Verbraucher-Genossenschaft);
    (2) Absatz-Genossenschaft (Bezugs- und Absatzgenossenschaft): (a) Absatz-Genossenschaft der Handwerker (Handwerkergenossenschaften), (b) landwirtschaftliche Absatz-Genossenschaft und Produktions-Genossenschaft (Molkereigenossenschaften);
    (3) Kreditgenossenschaft: Gewerbliche (Volksbanken), ländliche (Raiffeisenbanken);
    (4) Wohnungsbaugenossenschaft;
    (5) Nutzungs-Genossenschaft (landwirtschaftliche Dienstleistungsgenossenschaften).

    b) Produktivgenossenschaft (Voll-Genossenschaft), bei der neben dem Genossenschaftsbetrieb keine Mitgliederwirtschaften bestehen, weil die Mitglieder in der Genossenschaft gemeinsam arbeiten.

    2. Kulturelle/soziale Arten: z.B. Förderung kultureller Einrichtungen, Unterstützung notleidender Mitglieder. 3. Firma und Haftung für Verbindlichkeiten: Die Firma muss den Zusatz eingetragene Genossenschaft (eG) oder die Abkürzung „eG” aufweisen (§ 3 I GenG). Für die Haftung von Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet nur das Genossenschaftsvermögen (§ 2 GenG), wobei die Satzung mit Bezug auf das Thema "Nachschusspflicht der Mitglieder zur Insolvenzmasse" ihrer in Insolvenz geratenen Genossenschaft unterschiedliche Regelungen treffen kann:  
    (1) Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschusspflicht: Die Mitglieder haften für die Schulden der Genossenschaft mit ihrem ganzen Vermögen;
    (2) Genossenschaft mit beschränkter Nachschusspflicht: Die Mitglieder haften mit der in der Satzung festgelegten Haftsumme (nicht unter dem Geschäftsanteil);
    (3) Genossenschaft ohne Nachschusspflicht: Die Mitglieder haften nur mit dem Geschäftsanteil.

    Rechtliche Regelungen

    1. Gründung durch mind. drei Personen, die eine Satzung für die Genossenschaft aufzustellen und Vorstand und Aufsichtsrat (Genossenschaftsorgane) zu wählen haben. Auf den Aufsichtsrat kann bei Genossenschaften mit weniger als 20 Mitgliedern satzungsgemäß verzichtet werden (§ 9 I 2 GenG). Seine Aufgaben übernimmt dann die Generalversammlung. Eintragung der Genossenschaft in das Genossenschaftsregister durch Vorstand anzumelden unter Einreichung der von den Gründern unterzeichneten Satzung (nebst einer Abschrift derselben), von Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie des Zulassungsbescheids zu einem Prüfungsverband. Mit Eintragung wird die Genossenschaft juristische Person und gilt (ohne Rücksicht auf ihre Größe) als Kaufmann i.S.d. HGB (Formkaufmann, vgl. § 17 II GenG); damit ist sie neben den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes auch denen des Handelsgesetzbuchs (HGB) unterworfen.

    2. Kennzeichnend für die Genossenschaft ist das Prinzip der Selbstorganschaft. Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder müssen Mitglieder sein. Das Basiswissen der Mitglieder, v.a. ihre Förderungsvorstellungen, soll stets unmittelbar in der Verwaltung der Genossenschaft präsent sein. Die Genossenschaft ist eine Selbsthilfeorganisation von Mitgliedern für ihre Mitglieder. Das Ehrenamt im Vorstand ist typusbestimmend für die Genossenschaft; wenngleich die praktische Bedeutung des Ehrenamtes im Vorstand in den vergangenen Jahren deutlich nachgelassen hat.

    3. Rechtsstellung der Mitglieder: a) Aufnahme durch Teilnahme an Gründung oder Eintritt, der durch schriftliche Beitrittserklärung mit Zustimmung des Vorstands und Eintragung in die Mitgliederliste wirksam wird.

    b) Rechte:
    (1) Recht zur Benutzung der satzungsgemäßen Einrichtungen der Genossenschaft;
    (2) Stimmrecht, bei Großgenossenschaften das aktive und passive Wahlrecht zur Vertreterversammlung;
    (3) Anspruch auf Gewinnanteil, soweit nicht durch die Satzung ausgeschlossen.

    c) Pflichten:
    (1) Zahlung der Pflichteinlagen;
    (2) Nachschusspflicht (Genossenschaftsinsolvenz), s. dazu schon oben unter II. 3.;
    (3) andere durch die Satzung begründete Pflichten (z.B. Abnahmepflichten).

    d) Ausscheiden:
    (1) Austritt durch schriftliche Kündigung mit Dreimonatsfrist zum Schluss des Geschäftsjahres. Die Satzung kann eine andere (höchstens fünfjährige) Kündigungsfrist vorsehen;
    (2) Aufkündigung durch Gläubiger des Mitgliedes;
    (3) Ausschließung eines Mitglieds aufgrund eines in der Satzung festgelegten Grundes (§ 68 GenG);
    (4) Übertragung des Geschäftsguthabens auf ein anderes Mitglied;
    (5) Tod des Mitgliedes; Mitgliedschaft des Erben endet mit Schluss des Geschäftsjahrs (§ 77 GenG);
    (6) Nach außerordentlicher Kündigung bei wesentlicher Änderung der Satzung gemäß § 67a GenG.

    Eintragung des Ausscheidens in die Mitgliederliste ist gemäß § 69 GenG erforderlich. Der Ausscheidende hat Anspruch auf Auszahlung des sich nach der Bilanz ergebenden Geschäftsguthabens binnen sechs Monaten, ggf. muss er einen anteiligen Fehlbetrag einzahlen. Hatte das Mitglied seinen Geschäftsanteil voll eingezahlt, kann die Satzung ihm einen Anspruch einräumen auf Auszahlung eines Anteils an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage.

    4. Auflösung der Genossenschaft: a) Gründe:
    (1) Beschluss der Generalversammlung, zu fassen mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 78 GenG);
    (2) Ablauf der Zeit, wenn das Bestehen der Genossenschaft im Statut von vornherein auf eine bestimmte Zeitdauer beschränkt worden ist (§ 79 GenG);
    (3) Sinken der Mitgliederzahl unter drei durch gerichtliche Entscheidung (§ 80 GenG);
    (4) gesetzwidrige Handlungen oder Unterlassungen der Genossenschaft (§ 81 GenG);
    (5) Verfolgung anderer als der im Gesetz zugelassenen Zwecke;
    (6) Genossenschaftsinsolvenz.

    b) Verfahren: Die Auflösung der Genossenschaft muss in das Genossenschaftsregister eingetragen und bekannt gemacht werden. Außer bei Insolvenz schließt sich an die Auflösung die Liquidation (Abwicklung) der Genossenschaft an. Liquidatoren sind der Vorstand oder wenigstens zwei andere dazu bestellte (auch juristische) Personen. Verteilung des Liquidationserlöses an die Mitglieder frühestens nach Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung der Auflösung, wobei zunächst das Verhältnis der Geschäftsguthaben zueinander zugrunde zu legen ist. Übersteigt der Liquidationserlös den Betrag der Geschäftsguthaben, so ist er nach Köpfen zu verteilen, wenn die Satzung keinen anderen Verteilungsmodus bestimmt.

    Steuerpflicht

    1. Körperschaftsteuer: Nach § 1 I Nr. 2 KStG sind alle Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften steuerpflichtig. Von der Körperschaftsteuer befreit sind Hauberg-, Wald- und Forst- Genossenschaften, wenn sie keinen Gewerbebetrieb unterhalten oder verpachten (§ 3 II KStG) Vermietungsgenossenschaften (§ 5 I Nr. 10 KStG), Realgemeinden sowie unter bestimmten Voraussetzungen landwirtschaftliche Betriebs-Genossenschaften. Bei Erwerbs- und Wirtschafts-Genossenschaften sind Rückvergütungen an Nichtmitglieder Betriebsausgaben. Rückvergütungen an Mitglieder sind nur insoweit Betriebsausgaben, als die dafür verwendeten Beträge im Mitgliedergeschäft erwirtschaftet worden sind (§ 22 I KStG).

    2. Gewerbesteuer: Erwerbs- und Wirtschafts-Genossenschaften sind wegen ihrer Rechtsform steuerpflichtig (§ 2 II Nr. 2 GewStG). Die Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes, die den Gewinn der Genossenschaft ganz oder teilweise von der Besteuerung freistellen, gelten auch für die Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 8 GewStG).

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