Direkt zum Inhalt

Agrarstrukturpolitik

Definition: Was ist "Agrarstrukturpolitik"?

Staatliche Maßnahmen, die auf die sektorale (sektorale Strukturpolitik) und räumliche (regionale Strukturpolitik) Verteilung der Produktionsfaktoren abzielen. In der EU wird seit 2003 Agrarstrukturpolitik vornehmlich als Ländliche Entwicklungspolitik (Agrarpolitik) betrieben.

GEPRÜFTES WISSEN
Über 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 25.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

zuletzt besuchte Definitionen...

    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Maßnahmen, die auf die sektorale und räumliche Verteilung von Produktionsfaktoren abzielen. Entsprechend unterscheidet man sektorale und regionale Agrarstrukturpolitik. Sektorale Agrarstrukturpolitik beeinflusst direkt die Agrar- und Betriebsstruktur und soll i.d.R. zu einer Verbesserung der Produktionsgrundlagen und zu einer Erhöhung der Einkommenskapazitäten landwirtschaftlicher Betriebe führen. Regionale Agrarstrukturpolitik beeinflusst die regionale Wirtschaftsstruktur und soll zu einem erhöhten Wirtschaftspotenzial ländlicher Regionen führen. Die Agrarstrukturpolitik gehört neben der Agrarpreispolitik zu den grundlegenden Instrumenten der Agrarpolitik.

    2. Formen: Zu den „klassischen“ Instrumenten der sektoralen Agrarstrukturpolitik im überbetrieblichen Bereich zählen die Flurbereinigung, wasserwirtschaftliche Maßnahmen, Forschung, Beratung und Ausbildung sowie die Förderung der Vermarktung und der Beschaffung im Agrarbereich. Im betrieblichen Bereich gehören Investitionsbeihilfen, aber auch die Förderung der Betriebsaufgabe und Umschulungsmaßnahmen zur sektoralen Agrarstrukturpolitik. Zur regionalen Agrarstrukturpolitik gehören Infrastrukturmaßnahmen, ländliche Entwicklungsprogramme, Dorferneuerung, Förderung des Agrartourismus. In Deutschland gestalten v.a. Bund und Länder die Agrarstrukturpolitik im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Zunehmend wird Agrarstrukturpolitik auch auf der Ebene der EU gestaltet und über die Strukturfonds, v.a. über die zweite Säule der Europäischen Agrarpolitik (Strukturpolitik der Europäischen Union) finanziert.

    3. Wirkungen: Sektorale Agrarstrukturpolitik fördert überwiegend den intra- und intersektoralen Strukturwandel und vermindert somit das Problem der sektoralen Einkommensdisparität. Regionale Agrarstrukturpolitik fördert v.a. den interregionalen Austausch von Gütern und Faktoren und verbessert die Ressourcenausstattung und Wirtschaftsstrukturen ländlicher Ökonomien und vermindert regionale Einkommensdisparitäten.

    4. Entwicklung: Agrarstrukturpolitik wurde in der EU zunächst als sektorale Agrarstrukturpolitik eingeführt und war ursprünglich am Effizienzziel ausgerichtet. Mitte der 1970er-Jahre wurde die Europäische Agrarstrukturpolitik dann auch als regionale Agrarstrukturpolitik formuliert (Förderung benachteiligter Gebiete), aber auch aus umweltpolitischen Gründen und zur Vermeidung der negativen Konsequenzen der protektionistischen Agrarpreispolitik betrieben. Oftmals wurden hierdurch die Produktionsmöglichkeiten begrenzt, und die traditionelle Perspektive der Agrarstrukturpolitik, den Agrarbereich in seiner Entwicklung zu fördern, verkehrte sich in ihr Gegenteil. Mit der Agenda 2000 wird Europäische Agrarstrukturpolitik zunehmend in Form einer ländlichen Entwicklungspolitik (LEP) im Rahmen der zweiten Säule der Europäischen Agrarpolitik betrieben und stärker am Verteilungsziel ausgerichtet. Dieser Reformprozess wurde in einer fundamentalen Reform der europäischen LEP im Jahr 2003 fortgeführt. Diese Reform gliederte die LEP in drei thematische Achsen:
    (1) Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft,
    (2) Förderung des Landmanagement und der Umwelt und
    (3) Verbesserung der Lebensqualität und Förderung der Diversifikation in ländlichen Regionen. Zusätzlich gibt es die sog. Leader-Achse als methodische Querschnittsachse, in der der Aufbau lokaler Planungskapazitäten (sog. lokale Aktionsgruppen [LAG]) zur Entwicklung ländlicher Entwicklunsgstrategien gefördert wird. Im Gegensatz zur ersten Säule wird die LEP als zentraler Bestandteil der zweiten Säule der Europäischen Agrarpolitik grundsätzlich kofinanziert. Finanzierungsinstrument ist der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). In der Förderperiode von 2014 bis 2020 werden über die ELER-Förderung sechs Ziele verfolgt: 1. Förderung von Wissenstransfer und Innovation in der Land- und Forstwirtschaft und den ländlichen Gebieten; 2. Förderung der Wettbewerbsfähigkeit aller Arten von Landwirtschaft und des Generationswechsels in den landwirtschaftlichen Betrieben; 3. Förderung der Organisation der Nahrungsmittelkette und des Risikomanagements in der Landwirtschaft; 4. Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung von Ökosystemen, die von der Land- und Forstwirtschaft abhängig sind; 5. Förderung der Ressourceneffizienz und Unterstützung des Agrar-, Ernährungs- und Forstsektors beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Wirtschaft; 6. Förderung der sozialen Eingliederung, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Bekämpfung der Armut in den ländlichen Gebieten.

    Mit Ihrer Auswahl die Relevanz der Werbung verbessern und dadurch dieses kostenfreie Angebot refinanzieren: Weitere Informationen

    Mindmap "Agrarstrukturpolitik"

    Hilfe zu diesem Feature
    Mindmap Agrarstrukturpolitik Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/agrarstrukturpolitik-30286 node30286 Agrarstrukturpolitik node33644 Einkommensdisparität node30286->node33644 node29369 Agrarpolitik node30286->node29369 node49053 Zoll node28887 Abschöpfung node27600 Agrarpreispolitik node27600->node30286 node27600->node49053 node27600->node28887 node28653 Agrarreform node27600->node28653 node27600->node29369 node34801 externer Effekt node39210 Internalisierung externer Effekte node44104 Prämie node31204 Agrarumweltpolitik node44104->node31204 node33245 Gini-Koeffizient node33644->node33245 node34718 Einkommen node33644->node34718 node38077 Neue Institutionenökonomik node29369->node38077 node44735 Ordnungspolitik node29369->node44735 node39342 Mikroökonomik node29369->node39342 node50000 Wohlfahrtsökonomik node29369->node50000 node31204->node30286 node31204->node34801 node31204->node39210 node31204->node28653 node34287 Flächenstilllegungen node34287->node30286 node34287->node27600 node34287->node28653 node34287->node29369
    Mindmap Agrarstrukturpolitik Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/agrarstrukturpolitik-30286 node30286 Agrarstrukturpolitik node33644 Einkommensdisparität node30286->node33644 node29369 Agrarpolitik node30286->node29369 node27600 Agrarpreispolitik node30286->node27600 node31204 Agrarumweltpolitik node31204->node30286 node34287 Flächenstilllegungen node34287->node30286

    News SpringerProfessional.de

    Literaturhinweise SpringerProfessional.de

    Bücher auf springer.com

    Sachgebiete