Halbeinkünfteverfahren
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1. Begriff/Funktionsweise: Körperschaftsteuersystem in Deutschland von 2001 bis 2008 zur Vermeidung einer im Vergleich zu Personengesellschaften höheren Gesamtbelastung durch Körper- und Einkommensteuer. Die Körperschaftsteuer betrug 25 Prozent, etwa die Hälfte einer historisch üblichen Spitzenbelastung der Gewinne; die auf die Dividende entfallende Einkommensteuer wurde nach einer Ausschüttung der Gewinne ebenfalls (nur) zur Hälfte erhoben. Auf jeden Gewinn wurde nur ein einziges Mal Körperschaftsteuer erhoben: Der Bezug von Dividenden durch eine Körperschaft im Halbeinkünfteverfahren war daher stets steuerfrei (§ 8b I KStG); der Gewinn, aus der die Dividende stammte, unterlag nämlich bereits im Regelfall auf einer unteren Ebene (bei der ausschüttenden Tochtergesellschaft) der Körperschaftsteuer.
2. Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen im Halbeinkünfteverfahren: Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften waren bei der natürlichen Person zur Hälfte steuerbefreit (§ 3 Nr. 40 EStG), bei der juristischen Person vollständig (§ 8b II KStG) (Grundsatz der Gleichbehandlung von Veräußerungsgewinnen und Dividenden).
3. Für die Kosten im Zusammenhang mit Dividendenbezug und Veräußerungsgewinnen bedeuteten die Steuerbefreiungen durch das Halbeinkünfteverfahren ein entsprechendes Abzugsverbot:
(1) Betriebsausgaben und Werbungskosten im Zusammenhang mit einer Dividende oder einem Gewinn aus Anteilsveräußerung waren bei einer einkommensteuerpflichtigen Person nur zur Hälfte abzugsfähig (§ 3c II EStG).
(2) Betriebsausgaben im Zusammenhang mit den Dividendeneinkünften einer juristischen Person waren nicht abzugsfähig. Die nicht-abziehbaren Kosten der Beteiligungsverwaltung (und ab 2004 auch der Erzielung von Veräußerungsgewinnen) wurden allerdings auf 5 Prozent der in dem jeweiligen Jahr bezogenen Dividenden (oder erzielten Veräußerungsgewinne) geschätzt und angesetzt; der Ansatz der wirklichen Kostenwerte war ausgeschlossen (§ 8b V KStG, Betriebsausgabenpauschale).
4. Verhältnis zum ab 2009 geltenden Teileinkünfteverfahren: Im Teileinkünfteverfahren haben sich die vorstehenden Regelungen praktisch nicht verändert, es hat sich lediglich die Gewichtung verschoben, mit der der Gesetzgeber die beabsichtigte Gesamtsteuerlast für die in einer Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Gewinne auf die zwei Ebenen "Gesellschaftsebene" und "Anteilseignerebene" verteilt: Während früher die Gesamtbelastung sich etwa hälftig auf beide Ebenen verteilte, wird heute die KSt nur noch mit 15 Prozent erhoben (das entspricht typischerweise etwa 40 Prozent der beabsichtigten Gesamtbelastung) und im Gegenzug auf der Anteilseignerebene die Dividende nicht mehr nur zu 50 Prozent, sondern zu 60 Prozent für steuerpflichtig erklärt. Neu ist allerdings, dass bei privat bezogenen Dividenden (also solchen, die beim Empfänger zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet werden) der Vereinfachungsgedanke sogar noch weiter geführt wird und die Besteuerung der Dividenden in dieser Einkunftsart jetzt mit einem Pauschalsteuersatz von 25 Prozent (auf die Gesamteinnahme, nicht nur auf 60 Prozent) erfolgt, das Teileinkünfteverfahren - anders als das frühere Halbeinkünfteverfahren - also überhaupt nur noch bei solchen Dividenden zur Anwendung kommt, die in einem Betriebsvermögen vereinnahmt werden, und bei Veräußerungsgewinnen aus Anteilen, die unter § 17 EStG fallen.
Anders: Halbsatzverfahren.
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Interne Verweise
Halbeinkünfteverfahren
- Abgeltungsteuer
- Anrechnungsanspruch
- Bardividende
- Dividendenrendite
- Dividendenstripping
- Einkünfte
- EK
- Funktionsholding
- Halbsatzverfahren
- Kapitalanlagegesellschaft
- Körperschaftsteuer
- körperschaftsteuerliches Anrechnungsverfahren
- Körperschaftsteuersystem
- Landesholding
- Reinvestitionsrücklage
- Steuerreform
- Teileinkünfteverfahren
- verwendbares Eigenkapital
- wesentliche Beteiligung