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Umsatzsteuer

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Mehrwertsteuer (MWSt), Value Added Tax (VAT), Tax sur la Valeur Ajoutée (TVA). 1. Begriff: Steuer auf den Umsatz eines Unternehmens, ist vom Unternehmer zu entrichten, wird aber i.d.R. über die Preisbildung auf den Kunden überwälzt (indirekte Steuer). Dies entspricht auch der gesetzlichen Zielsetzung, denn getroffen werden soll der Konsum als einer der Indikatoren für die Fähigkeit, Steuern zu zahlen.

    2. Konzeption: Eine U. kann theoretisch auf allen oder nur auf ausgewählten Handelsstufen erhoben (Allphasenumsatzsteuer, Mehrphasenumsatzsteuer, Einphasenumsatzsteuer), eine Kumulation der U. im Verlauf der Produktions- bzw. Handelskette kann vermieden werden (z.B. durch Vorsteuerabzug, Vorumsatzabzug) oder in Kauf genommen werden. International vorherrschend und auch in Deutschland praktiziert ist die nichtkumulative Allphasenumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug. Die deutsche U. ist wirtschaftlich eine allgemeine Verbrauchsteuer, technisch aber als Verkehrsteuer ausgestaltet.

    3. Rechtsgrundlagen: Die U. ist innerhalb der EU auf Grundlage des Art. 93 EGV weitgehend angeglichen, die Umsatzsteuersysteme der Mitgliedstaaten müssen sich im Rahmen der Vorgaben der Sechste EG-Richtlinie über die Harmonisierung der U. von 1977 (mit ständigen späteren Änderungen) bewegen, soweit nationale Sonderlösungen nicht ausdrücklich gestattet sind. Demzufolge gelten die folgenden Ausführungen zum deutschen Recht sinngemäß auch für das Recht anderer EU-Staaten. Rechtsgrundlagen in Deutschland sind das Umsatzsteuergesetz (UStG) und die dazu ergangene Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV); wichtige Verwaltungsanweisungen sind in den Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) des Bundesfinanzministeriums zusammengestellt.

    4. Steuerbare Vorgänge: a) Erfasst werden von der U. v.a. Umsätze (§ 1 I Nr. 1 UStG), die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt erbringt, wenn diese Umsätze als im (umsatzsteuerlichen) Inland bewirkt gelten. Als Umsätze gelten alle Lieferungen und sonstigen Leistungen, die die Unternehmenstätigkeit mit sich bringt, auch gelegentliche Hilfsgeschäfte.

    b) Betroffen sind auch Einfuhren von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in einen EU-Staat (für ausführliche Angaben: Einfuhrumsatzsteuer).

    c) Der Erwerb von Gegenständen unterliegt der U., wenn diese von einem Mitgliedstaat der EU in einen anderen gelangen und der Käufer zu einer bestimmten Personengruppe gehört (die meisten Unternehmer und sog. Halbunternehmer; für ausführliche Angaben: Erwerbsteuer).

    5. Steuerbefreiungen dürfen die EU-Staaten nur nach Maßgabe eines Ausnahmekatalogs in der Sechsten Richtlinie vorsehen. Befreiungen von der deutschen U. können unterteilt werden in: a) Solche zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit U. (Ausfuhrlieferungen, Lohnveredelungen), b) zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit U. und einer spezielleren Verkehrsteuer (z.B. Grunderwerbsteuer) oder c) Befreiungen aus sozialen Motiven (z.B. Umsätze der Theater, Museen, Blindenumsätze). Außer der ersten Gruppe schließen alle anderen Befreiungen im Gegenzug den Vorsteuerabzug aus; eine Befreiung kann daher je nach Sachverhalt auch nachteilig sein. Daher ist für bestimmte Umsatzarten die Option zur Steuerpflicht gestattet.

    6. Bemessungsgrundlage der U. ist das Entgelt, in besonderen Fällen mindestens aber der Betrag der Wiederbeschaffungs-/Herstellungskosten (Mindestbemessungsgrundlage).

    7. Steuersatz: In allen EU-Staaten verschieden; grundsätzlich darf für alle Umsatzarten nur ein einziger einheitlicher Satz (Normalsatz, gegenwärtig mindestens 15 Prozent) festgelegt werden. Für bestimmte meist lebenswichtige Waren und Dienstleistungen ist aber die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes gestattet (muss gegenwärtig mindestens 5 Prozent betragen); für wiederum andere Umsatzarten dürfen teilweise in einigen Staaten Sondersteuersätze im Rahmen von Ausnahmeregelungen beibehalten werden. In Deutschland beträgt der Normalsatz gegenwärtig (2008) 19 Prozent, der ermäßigte Satz 7 Prozent. Die Liste der ermäßigt besteuerten Waren und Dienstleistungen ergibt sich aus § 12 II UStG und Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz (hauptsächlich bestimmte Lebensmittel, aber auch Bücher u.Ä.).

    8. Vorsteuerabzug: Jeder Unternehmer kann die U., die in den von ihm bezogenen Vorprodukten und Vorleistungen enthalten ist, von seiner eigenen Umsatzsteuerschuld als sog. Vorsteuer abziehen, wenn der Vorsteuerabzug im Einzelfall nicht ausnahmsweise ausgeschlossen ist; dadurch wird erreicht, dass jeder Umsatz letztlich nur einmal mit der U. belastet ist und die U. nur gegenüber dem Endverbraucher endgültig ist. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist eine Rechnung, die allen Formvorschriften der §§ 14–14c UStG genügt.

    9. Besteuerungsverfahren: a) Allgemein: Die U. ist eine Jahressteuer, es sind aber während des Jahres mehrmals (monatlich oder quartalsweise) Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und Vorauszahlungen zu leisten. Außerdem sind Aufzeichnungspflichten zu beachten.

    b) Steuerentstehung: Die Steuerschuld entsteht im Normalfall mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten, Sollversteuerung), bei kleineren Unternehmen ist jedoch auf Antrag die Versteuerung bei Erhalt der Zahlung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten; Istversteuerung) möglich. Anzahlungen sind jedoch generell bereits im Zeitpunkt der Zahlung zu versteuern (sog. Mindest-Ist-Besteuerung). Weicht bei Sollversteuerung das wirklich erhaltene Entgelt später von dem vereinbarten Entgelt ab, kann die Steuerschuld entsprechend berichtigt werden (§ 17 UStG).

    c) Steuerschuldner ist im Regelfall der leistende Unternehmer, die Steuer kann jedoch in bestimmten Fällen vom Abnehmer einzubehalten und abzuführen sein (so bei bestimmten grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen EU-einheitlich vorgeschrieben, vgl. im deutschen Recht § 3a III, IV UStG und das Reverse-Charge-Verfahren).

    d) Rechnungserstellung: Über die anfallende Steuer ist vom Unternehmer eine Rechnung mit gesonderten Umsatzsteuerausweis zu erstellen, um dem Empfänger ggf. den Vorsteuerabzug zu ermöglichen.

    10. Besondere Besteuerungsformen: Durchschnittsbesteuerung, Margenbesteuerung, Differenzbesteuerung, Reihengeschäft, Dreiecksgeschäft, Abzugsverfahren.

    11. Aufkommen: 139,7 Mrd. Euro (2005), 103.161,7 Mio. Euro (2003), 105.462,8 Mio. Euro (2002), 104.463 Mio. Euro (2001), 107.139,5 Mio. Euro (2000), 101.489,5 Mio. Euro (1995), 43.275,2 Mio. Euro (1990), 26.295 Mio. Euro (1985), 27.022 Mio. Euro (1980), 18.264 Mio. Euro (1975), 13.698 Mio. Euro (1970), 12.236 Mio. Euro (1965), 8.222 Mio. Euro (1960), 5.684 Mio. Euro (1955), 2.427 Mio. Euro (1950).

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