Solvabilitätsspanne
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Begriff
Betrag an freien und unbelasteten Eigenmitteln, über den ein Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von Solvency I mindestens verfügen musste, um aufsichtsrechtlichen Sanktionen (Finanzierungsplan, Solvabilitätsplan) vorzubeugen (vgl. Soll-Solvabilität). Betriebswirtschaftlich operationalisierte die Solvabilitätsspanne die (versicherungstechnische) Risikolage des Versicherungsunternehmens. Ein Drittel der Solvabilitätsspanne galt als Garantiefonds.
Methodik
Die Solvabilitätsspanne war ein Betrag, der nach § 53c VAG a.F. und der KapitalausstattungsVO aus Kennzahlen des Jahresabschlusses unter partieller Berücksichtigung der Rückversicherung gebildet wird.
a) In der Nicht-Lebensversicherung: Maximum aus Beitragsindex und Schadenindex;
b) in der Lebensversicherung: Die Berechnungsgrundlage bildeten (1) die Versicherungssumme, (2) die Deckungsrückstellung, (3) die Beitragsüberträge, (4) die Beitragseinnahmen (bei Zusatzversicherungen).
Maßnahmen
Bei Unterschreitung der Solvabilitätsspanne musste das Versicherungsunternehmen auf Verlangen der Aufsichtsbehörde einen „Plan zur Wiederherstellung gesunder Finanzverhältnisse“ (Solvabilitätsplan) zur Genehmigung vorlegen. Der Plan konnte Maßnahmen zur Beeinflussung der Ist-Solvabilität (Eigenmittel) oder der Soll-Solvabilität vorsehen.
Probleme
Zentrale Kritikpunkte betrafen u.a.
a) den Vergangenheitsbezug der bilanziellen Einflussgrößen,
b) die fehlende Berücksichtigung der Erfolgskraft des Versicherungsunternehmens,
c) die begrenzte Anrechnung der Rückversicherung,
d) die fehlende Berücksichtigung des risikopolitischen Instrumentariums,
e) im Zusammenhang mit der Prämie als Risikoindikator die Außerachtlassung des darin enthaltenen Sicherheitszuschlags,
f) im Zusammenhang mit den Schäden als Risikoindikator die Außerachtlassung ihrer Zufallsschwankungen,
g) die fehlende Einbeziehung von Kapitalanlagerisiken, sowie schließlich in der Lebensversicherung
h) die fehlende Berücksichtigung von Diversifikationseffekten zwischen Kapitalanlagerisiken und biometrischen Risiken.
Aktuelle Entwicklung
Im Rahmen von Solvency II wird die aufsichtsrechtliche Solvabilitätskapitalanforderung inzwischen als Solvency Capital Requirement (kurz: SCR) bezeichnet (ersetzt die Soll-Solvabilität einschl. der Solvabilitätsspanne) und mittels eines betriebswirtschaftlich fundierten Standardmodells oder interner Modelle einzelner Versicherungsunternehmen berechnet. Darüber hinaus wird im Ansatz von Solvency II die Versicherungsaufsicht um qualitative Aufsichtselemente und verstärkte Offenlegungsvorschriften zur Stärkung der Marktdisziplin ergänzt.