Bilanzskandal
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1. Begriff: Unter Bilanz i.e.S. wird nur die Gegenüberstellung der Aktiv- und der Passivposten verstanden. Bilanz i.w.S. hingegen umfasst alle Bestandteile eines prüfungs- bzw. publizitätspflichtigen Abschlusses wie Eröffnungs-, Zwischen-, Jahres-, Sonder-, Einzel- und Konzernabschluss. Ein Abschluss besteht aus folgenden Teilen: Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV); bei Kapitalgesellschaften aus Bilanz, GuV, Anhang, Lagebericht und dem Bestätigungsvermerk (Testat) des Abschlussprüfers. Diese Teile sind mögliche Objekte bzw. Ziele von Maßnahmen der Bilanzfälschung. Für die Definition des Begriffs „Bilanzfälschung“ reicht eine Präzisierung von „falsch“ nicht aus, weil damit die Frage des Vorsatzes unbeantwortet bleibt. Ein Bilanzskandal (griech. skandalon: Fallstrick, Anstoß, Ärgernis) bezeichnet eine i.d.R. gefälschte Bilanz, die (öffentliches) Aufsehen erregt. Skandalös ist aber i.d.R. nicht die Bilanz, sondern die Form der Bilanzierung bzw. das (dolose) Verhalten der Bilanzersteller.
2. Merkmale: a) Bilanzfälschung heißt, es liegt ein unrichtiger Abschluss vor, d.h. ein vorsätzlicher, mit Schädigungsabsicht begangener Verstoß gegen materielle Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, insbesondere der Bilanzwahrheit. Es wird die Vermögens-, Liquiditäts- bzw. Ertragslage des Unternehmens durch Ansatz unzulässiger Werte, Weglassen oder Einsetzen fiktiver Bilanzposten unrichtig dargestellt. Unrichtig bedeutet, es wird kein „ … möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens …“ (die Generalnorm im Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)) vermittelt.
b) Unter Bilanzverschleierung versteht man den vorsätzlichen, mit Schädigungsabsicht begangenen Verstoß gegen formelle Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB), z.B. der Bilanzklarheit. Zulässige Bilanzansätze werden durch unrichtige Bezeichnungen, Falschgliederungen oder unzureichende Erläuterungen unrichtig dargestellt.
c) Auch ein Verschweigen kann ein Jahresabschlussbild unvollständig und damit fehlerhaft machen. Da Verschweigen immer eine Unterlassung gebotener Information darstellt, verlagert sich das Problem auf die Frage, welche Informationen erforderlich sind, damit ein getreues Bild der Verhältnisse des Unternehmens vermittelt wird. Es kommt darauf an, inwieweit sich die unterlassene Angabe auf das Bild über die Lage der Gesellschaft auswirkt, also über der Erheblichkeitsschwelle liegt.
3. Ursachen bzw. Formen von Bilanzskandalen: Typische Delikte sind: a) Ausweis fiktiver Lagerbestände, um das Ergebnis zu verbessern,
b) bewusste Überbewertung von Immobilien, um in weiterer Folge einen Kreditbetrug zu initiieren,
c) Manipulieren oder Fälschen von Rechnungen oder Kontoauszügen als Belege,
d) Vorlage falscher Gutachten oder Verträge,
e) Ausweis von nach oben manipulierten Gewinnziffern, um z.B. höhere Boni zu erhalten (Bereicherungsabsicht).
f) Ausweis von nach unten manipulierten Gewinnziffern, v.a. um die Ertragsteuerbelastung zu senken, bis hin zur Hinterziehung von Steuern bzw. Abgaben,
g) Aktivierung der Herstellungskosten von selbst erstellten immateriellen Wirtschaftsgütern (z.B. Software, Patente) entgegen dem unternehmensrechtlichen Aktivierungsverbot,
h) nicht mehr werthaltige Beteiligungen werden noch mit ihren historischen Anschaffungskosten bilanziert,
i) Liegenschaften werden mit Anschaffungskosten bilanziert, obwohl ihr Verkehrswert deutlich darunter liegt,
j) notwendige Rückstellungen werden nicht bilanziert,
k) Verbindlichkeiten werden nicht bilanziert,
l) Vorräte werden über- oder unterbewertet,
m) uneinbringliche Forderungen werden nicht abgeschrieben,
n) Teilleistungen an Projekten werden von einem Baumeister als Erlös gebucht, obwohl das Gesamtprojekt nicht abgeschlossen ist.