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Östliche Partnerschaft

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) der Europäischen Union (EU) wurde im Jahr 2009 durch das Programm der „Östlichen Partnerschaft“ ergänzt.

    Ziel: Ziel der Östlichen Partnerschaft ist die politische und wirtschaftliche Heranführung sechs ehemaliger Sowjet­republiken an die EU. Zunächst war ausdrücklich keine Beitrittsperspektive umfasst. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine seit 24.2.2022 hat die Machtverhältnisse endgültig und irreversibel verschoben.

    Adressaten: Die folgenden sechs Staaten sind Adressaten des Programms: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, Ukraine und Weißrussland (Belarus). Im Juni 2022 hat die EU der Ukraine und der Republik Moldau den Beitrittskandidatenstatus verliehen. Georgien wurde der Status eines potentiellen Beitrittskandidaten zuerkannt. Die EU-Mitgliedstaaten erkennen insofern endgültig die neuen Realitäten an.

    Assoziierungsabkommen: Assoziierungsabkommen mit der EU auf Grundlage des Artikels 217 AEUV wurden am 27.6.2014 mit Georgien, Moldawien und der Ukraine geschlossen. Der politische Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine war bereits im März 2014 mit der ukrainischen Übergangsregierung geschlossen worden, nachdem die ursprüngliche ukrainische Regierung unter dem Druck Russlands noch vor der Annexion der Krim vor der Unterzeichnung zurückgeschreckt war.

    Handelspolitische Ziele der Assoziierung: Das Auswärtige Amt (AA) stellt die handelspolitischen Ziele folgendermaßen dar: „Die Östliche Partnerschaft ist das ambitionierteste Angebot zur Zusammenarbeit, innerhalb der Nach­barschaftspolitik der EU. Sie fußt zunächst auf dem Abschluss umfangreicher Assoziierungsabkommen mit der EU, deren Bestandteil grundsätzlich 'tiefe und umfassende' Freihandelsabkommen (deep and compre­hensive free trade agreements, DCFTA) sind.“ Neben den DCFTA zielt die östliche Partnerschaft insbesondere auf folgende Punkte: „[…] eine verstärkte Kooperation aller Partner untereinander. Die Schwerpunkte dieser projektbezogenen Zusammenarbeit umfassen die Themen (1) Demokratie und gute Regierungsführung, (2) Wirtschaft und Konvergenz, (3) Energiesicherheit und (4) zwischenmenschliche Kontakte.“

    Geringe Wahrscheinlichkeit naher Zusammenarbeit: Mit einem der sechs Staaten besteht inzwischen eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit naher Zusammenarbeit: Weißrussland (Belarus).

    Weißrussland: Weißrussland (Belarus) gilt als letzte Diktatur Europas. Daher ist eine politische Annäherung derzeit unwahrscheinlich. Weißrussland (Belarus) sucht weiterhin die Nähe Russlands und gründete mit Russland und Kasachstan am 29.5.2014 die Eurasische Wirtschaftsunion, die am 1.1.2015 ihre Arbeit aufnahm. Schon vor dem Angriffskrieg war eine Zusammenarbeit wenig wahrscheinlich. Belarus steht fest an der Seite Russlands und ist hinsichtlich der Annäherung an die EU auch aufgrund der Sanktionen kaum denkbar.

    Armenien: Armenien ist am 10.10.2014 der Eurasischen Wirtschaftsunion beigetreten. Ein bereits gemeinsam mit der EU ausgehandeltes Assoziierungsabkommen ist auf Grund der Intervention Russlands nicht unterzeichnet worden. Im November 2017 ist ein Übereinkommen über eine verstärkte und vertiefte Partnerschaft mit der EU unterzeichnet worden. Nach der friedlichen "violetten Revolution" 2018 streben pro-europäische Kräfte eine Unterzeichnung eines tiefen, umfassendem Freihandelsabkommen an, das nur bei einem Austritt aus der Eurasischen Wirtschaftsunion möglich ist. Das EU-Assoziierungsabkommen wird 2019 abgeschlossen. Konkret wird 2019 über die Visa-Freiheit der Armenier für die EU verhandelt.

    Künftige Rolle Aserbaidschans: Die künftige Assoziierung Aserbaidschans wird auf beiden Seiten für möglich gehalten. Die EU ist größter Abneh­mer des Erdöls aus Aserbaidschan. Azerbaidschan ist im Gegensatz zu Armenien bislang nicht der Eurasischen Wirtschaftsunion beigetreten.

    Gipfeltreffen: Gemeinsame Gipfeltreffen werden von der EU und den sechs östlichen Partnerländern alle zwei Jahre vorgenommen. Ergebnisse des 5. Gipfeltreffens im November 2017 waren u.a. ein Übereinkommen der vertieften Partnerschaft mit Armenien, ein Abkommen über einen gemeinsamen Luftverkehrsraum mit Armenien und eine Koordinierung und Stärkung des transeuropäischen Verkehrsnetzes.

    Hauptziele: Die Östliche Partnerschaft hat für jedes der sechs Partnerländer 20 Hauptziele:

    1. Strukturiere Interaktion mit der Zivilgesellschaft,
    2. Gleichberechtigung, Geschlechtergerechtigkeit und Nicht-Diskriminierung,
    3. Strategische Kommunikation und Vielfalt sowie Unabhängikeit der Medien,
    4. Regulatorisches Umfeld für wirtschaftliche Entwicklung und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen,
    5. Überbrückung von Lücken der Finanzierung und von finanziellen Rahmenbedingungen,
    6. Neue Arbeitsplätze auf örtlichem und regionalem Niveau,
    7. Harmonisierung digitaler Märkte,
    8. Handel und Freihandelszone mit der EU (DCFTA),
    9. Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (Rule of Law) und Korruptionsbekämpfung,
    10. Durchführung von Reformen des justiziellen Systems,
    11. Durchführung von Reformen des öffentlichen Dienstes,
    12. Sicherheit,
    13. Ausdehnung des Transeuropäischen Netzwerks, (Trans European Transport.Network, TEN-T) (Verkehrswegeinfrastruktur),
    14. Energieversorgung,
    15. Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Reduzierung der Treibhausgase,
    16. Umwelt und Anpassung an den Klimawandel,
    17. Visa Vereinfachung und Partnerschaften zur Mobilitätserhöhung,
    18. Jugend, Bildung, Entwicklung von relevanten Fähigkeiten und Kultur,
    19. Europäische Osteuropäische Partnerschaftsschule,
    20. Forschung und Entwicklung.
    Bewertung: Die Reaktionen Russlands auf die Östliche Partnerschaft zeigten bereits anfang der 2010er Jahre deutlich, dass eine weitere Integration früherer Sowjetrepubliken in die ENP weniger einfach ist, als zunächst gedacht. 2014 überfiel Russland die Ukraine und annektierte die Krim. Die Machtpolitik Russlands führte zur Intervention in der Ostukraine und verhinderte den Abschluss eines bereits ausgehandelten Assoziierungs­abkommens mit Armenien. Selbst wenn Assoziierungsabkommen mit Moldawien (Moldau), Georgien und der Ukraine abgeschlossen worden sind (und die EU das als Erfolg feiert) müssen diese Absichtserklärungen mit Leben gefüllt werden. Die Einführung der Freihandelsabkommen sind ein Schritt dahin – ob der mächtige Nachbar Russland die friedliche Annährung in seiner direkten Nachbarschaft weiterhin ruhig mit ansieht, wird die Zukunft zeigen. Der Ukraine-Konflikt 2014 war eine erste und deutliche Warnung in Richtung EU, dass Russland eine zu starke Annährung in den eigenen Machtbereich nicht toleriert. Die Eurasische Wirtschaftsunion wird so für ehemalige Sowjetrepubliken eine Alternative zur EU; diese ehemaligen Sowjetrepubliken werden dabei gleichzeitig wieder stärker in wirtschaftliche Abhängigkeiten mit Russland verstrickt werden. Das wiederum bedeutet eine wirtschaftliche und politische Abkehr von der EU. Die Östliche Partnerschaft versucht die sechs östlichen Partnerländer auf dem Weg zu stabilen und demokratischen Zivilgesellschaften zu unterstützen und fördert die Zusammenarbeit verschiedener zivilgesellschaftlicher Bereiche mit der EU (u.a. der Jugend, der Forschung, der kritischen Medien). Gipfeltreffen in zweijährigem Rythmus bestärken und vertiefen die Zusammenarbeit. Die Östliche Partnerschaft läuft für alle sechs Zielländer weiter, auch wenn derzeit nur drei Assoziierungsabkommen abgeschlossen haben. Die violette Revolution in Armenien im April/Mai 2018 hat die Verhältnisse derartig verändert, dass die neue Regierung eine engere Anbindung an die EU anstrebt.
    Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine seit 24.2.2022 hat die Machtverhältnisse endgültig verschoben. An der Seite Russlands steht Belarus und gegen beide Staaten wurden umfangreiche Sanktionen der EU verhängt. Zunächst war ausdrücklich keine Beitrittsperspektive umfasst. Im Juni 2022 hat die EU der Ukraine und der Republik Moldau den Beitrittskandidatenstatus verliehen. Georgien wurde der Status eines potentiellen Beitrittskandidaten zuerkannt. Die EU-Mitgliedstaaten erkennen insofern endgültig die neuen Realitäten an.
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