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Soziologie

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff/Entwicklung: Soziologie ist eine empirische Wissenschaft, die sich auf die Struktur und Funktionsweise von Gesellschaften und das Handeln von Individuen in sozialen Kontexten richtet. Begründet wurde sie von Comte (1798–1857), der sie als „soziale Physik“ bezeichnete.

    Die Sozialforschung hat sich u.a. aus der Bevölkerungsstatistik („Moralstatistik“, Quetelet) im frühen 19. Jh. entwickelt. Weitere Impulse erhielt sie durch die engl. Studien zur Lage einzelner Bevölkerungsgruppen, z.B. der „Lage der arbeitenden Klassen“ (Engels 1845), der drei-, später siebzehnbändigen Studie über „Life and Labour in London“ von Booth (1889–1902) sowie die franz. Studien über Arbeiterfamilien von Le Play (1855) und dessen Schülern. In Deutschland hat v.a. nach dem Ersten Weltkrieg der Verein für Socialpolitik durch seine Umfragen, u.a. zur Berufswahl und zum Berufsschicksal, zur Ausbreitung der empirischen Sozialforschung und deren Methoden beigetragen.

    2. Wichtige Vertreter des Faches waren: Marx (1818–1883), Simmel (1858–1918), Durkheim (1858–1917), Mead (1863–1931), Weber (1864–1920), Lazarsfeld (1901–1976), Parsons (1902–1979), Merton, (1910–2003), Coleman (1926–1995), Luhmann (1927–1998), Bourdieu (1930– 2002).

    3. Gegenstand: Die Entwicklung und Etablierung der Soziologie als eigenständigem Fach hängt eng mit der nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmenden quantitativen Orientierung, der Zunahme mathematisch-statistischer Verfahren und dem Kritischen Rationalismus als vorwiegendem wissenschaftlichem Paradigma zusammen.

    Die Soziologie richtet sich u.a. auf die Erforschung sozialen Wandels und der sozialen Ungleichheit, der sozialen Integration, von sozialen Institutionen und Interaktionsprozessen, ferner in zahlreichen Teilgebieten u.a. der Familie, Jugend, Wirtschaft und Betrieb, abweichenden Verhalten, Stadt und Massenkommunikation. Zur Erklärung verwendet sie allg. Theorien wie die Systemtheorie (z.B. Luhmann), Handlungstheorien (z.B. Homans) und die Rational-Choice-Theorie.

    4. Zunehmend wird die Trennung von Makro- und Mikrosoziologie verlassen und durch Analysen in Form des analytischen Mikro-Makro-Modells ersetzt, weil nicht spezifiziert. Das Vorgehen lässt sich am Beispiel der Annahme von Weber, der Kapitalismus sei aus der protestantischen Ethik entstanden, erläutern. Erklärt werden soll ein Sachverhalt auf der Makroebene Xj (die Entstehung des Kapitalismus) durch eine Hypothese auf der Makroebene Xi –> Xj (Xi = protestantische Ethik). Diese Erklärung von Xj wird nun ersetzt durch eine von Xi über xi und xj zu Xj, weil die ursprüngliche Makrohypothese den Sachverhalt nur unzureichend erklärt. Deshalb erfolgt die Erklärung über die Mikroebene: Eine Erklärung, die protestantische Umgebung beeinflusst einzelne protestantische Familien in ihrer Ethik, dies ist der Kontexteffekt Xi –> xi, sie erziehen ihre Kinder zu einer Leistungsethik und einem spezifischen ökonomischen Verhalten, dies ist die Mikrohypothese xi –> xj, aggregiert man deren Verhalten durch eine Aggregationsregel (xj –> Xj), im einfachsten Fall durch Addition, so gelangt man zur Erklärung des Sachverhalts Xj (dem Entstehen des modernen Kapitalismus).



    5. Die wichtigsten Forschungsmethoden der Soziologie sind die Face-to-Face, schriftliche und telefonische Befragung, zunehmend als CAPI (Computer Assisted Personal Interview) und CATI (Computer Assisted Telefone Interview), ferner die Inhaltsanalyse von Texten und die Sekundäranalyse bereits vorliegender Datensätze unter neuen Fragestellungen.

    6. Der systematischen Erforschung sozialer Strukturen und des sozialen Wandels in Deutschland dienen zwei regelmäßige Umfragen: a) ALLBUS: Eine seit 1980 durchgeführte repräsentative Bevölkerungsbefragung mit ca. 3.000 Personen, seit 1991 zusätzlich in den fünf neuen Bundesländern. Neben einer Standarddemographie enthält er wechselnde Themen, z.B. Kriminalität, Einstellung gegenüber Ausländern, politische Einstellungen.

    b) Sozioökonomische Panel (SOEP): Eine Panel-Befragung (Panel), die sich primär auf die Erwerbstätigkeit, Einkommen und Lebenszufriedenheit richtet; sie soll amtliche Statistiken ergänzen. Ihr liegt ein mikroökonomischer Ansatz zugrunde. Die Wiederholungs-Befragungen erfolgen seit 1984 jährlich; 1990 wurden sie auf die neuen Bundesländer ausgedehnt, im Jahre 2001 umfasste sie rund 12.000 Haushalte mit mehr als 22.000 Personen ab 16 Jahren: Deutsche, Ausländer und Zuwanderer. Es wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, betreut. Das SOEP ist mit seiner Vielzahl von Analysemöglichkeiten (Individuum, Haushalt; Längsschnitt) das gegenwärtig komplexeste und aufwendigste Forschungsinstrument der empirischen Sozialforschung in Deutschland. Seine Daten werden von Soziologen, Ökonomen und politischen Wissenschaftlern genutzt.

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