widerstreitende Steuerfestsetzung
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1. Allgemein: Widerstreitende Steuerfestsetzungen sind Steuerfestsetzungen, die einander inhaltlich widersprechen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn aus einem Sachverhalt, der steuerlich nur einmal zu berücksichtigen ist, unterschiedliche steuerliche Schlussfolgerungen gezogen werden, die sich denkgesetzlich (logisch) ausschließen (sog. Kollisionsfälle).
2. Änderungsmöglichkeit: Die Bestandskraft des fehlerhaften Bescheids kann durch die Änderungsvorschrift des § 174 AO durchbrochen werden. Die Vorschrift enthält eigene Regelungen zur Ablaufhemmung, um die Kollision auch nach eingetretener Festsetzungsverjährung noch beseitigen zu können. Die Beseitigung der Kollision kann sich sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirken. Auf ein evtl. Verschulden des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde kommt es nicht an.
3. Regelungsbereich: Im Einzelnen erfasst § 174 AO die folgenden Fallgestaltungen: a) mehrfache Berücksichtigung eines Sachverhalts zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger,
b) mehrfache Berücksichtigung eines Sachverhalts zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger,
c) irrtümliche Nichtberücksichtigung eines Sachverhalts in der erkennbaren Annahme, er sei in einem anderen Bescheid zu erfassen (sog. negativer Widerstreit),
d) Änderung eines Steuerbescheids (ergangen aufgrund irriger Beurteilung eines Sachverhalts) auf Rechtsbehelf/ Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten,
e) Spezialtatbestand für am Verfahren nach d) beteiligte Dritte.
Entsprechend der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann ein Steuerbescheid bei Doppelberücksichtigung eines Sachverhalts auch dann nach Maßgabe von § 174 Abs. 1 AO geändert werden, wenn der widerstreitende Steuerbescheid von einer Behörde eines EU-Mitgliedstaats stammt, BFH Urteil vom 9.5.2012, I R 73/10.