Ratchet Effect
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Sperrklinkeneffekt.
Volkswirtschaftstheorie
1. In der Konsumforschung beobachtetes Phänomen, nach dem bei Einkommenserhöhungen, die gewöhnlich dauerhafter Natur sind, letztlich eine proportionale Zunahme der Konsumausgaben eintritt, während bei Einkommensrückgängen, die typischerweise temporärer Natur sind, eine nur unterproportionale Einschränkung der Konsumausgaben erfolgt. Eine permanente Einkommenserhöhung lässt dann die durchschnittliche Konsumquote unverändert, während sie bei einem temporären Einkommensrückgang steigt. Grafisch verlagert sich bei einer dauerhaften Einkommenssteigerung die kurzfristige Konsumfunktion nach oben, sodass sie wie eine Sperrklinke wirkt und kurzfristige Konsumentscheidungen nach unten begrenzt, während bei temporären Einkommenssenkungen die kurzfristige Konsumfunktion in der Lage unverändert bleibt. Erklärung des Ratchet Effect durch Duesenberry (1949) im Rahmen der relativen Einkommenshypothese des Konsums (Konsumfunktion).
2. Analoge Erscheinung bei der sektoralen und gesamtwirtschaftlichen Preisentwicklung: Preissteigerungen bei Nachfrageerhöhungen, keine Preissenkung bei Nachfragerückgängen (Inflation).
3. Auf dem Arbeitsmarkt liegt ein Sperrklinkeneffekt vor, wenn es im Falle eines Nachfrageüberhangs zu Lohnsteigerungen kommt, während bei einem Angebotsüberschuss auf diesem Markt keine Lohnsenkung eintritt. Ein einmal erreichtes Lohnniveau wirkt dann wie eine Sperrklinke. Die strukturelle Arbeitslosigkeit kann unter diesen Umständen fortlaufend zunehmen. Durch gesetzliche Mindestlöhne, die von Zeit zu Zeit nach oben angepasst werden, entsteht eine Lohnrigidität nach unten, die ebenfalls wie ein Sperrklinkeneffekt wirkt. In makroökonomischen Totalmodellen würde es durch die Anpassung von Mindestlöhnen nach oben zu einer Verschiebung des preiselastischen Bereichs der Keynesschen Güterangebotsfunktion nach oben kommen.
Vgl. makroökonomische Totalmodelle, Angebotsseite.
Agency-Theorie
1. Inhalt: Der Ratchet Effect tritt auf, wenn sich ein Prinzipal nicht bindend verpflichten kann, im Zeitverlauf gewonnene Informationen über die Leistungsfähigkeit eines Agenten bei der Ausgestaltung zukünftiger Anreizverträge bzw. Leistungsstandards zu ignorieren (Prinzipal-Agent-Theorie). Deutet z.B. eine hohe aktuelle Ausbringung auf eine hohe Leistungsfähigkeit des Agenten hin, so mag der Prinzipal die Information dazu nutzen, die Leistungsstandards heraufzusetzen. Diese Verhaltenstendenz wird als Ratchet Effect bezeichnet. Zur Illustration sei auf die Anpassung eines Akkords oder Plan-Solls im Zeitverlauf verwiesen.
2. Auswirkungen: Antizipiert der Agent die Verhaltenstendenz des Prinzipals, ist eine Reduktion der Effektivität von Anreizen die Folge: Der Agent wird rationalerweise bei einem gegebenen Anreizvertrag bzw. Leistungsstandard ein geringeres Aktionsniveau wählen als er es tun würde, wenn der Ratchet Effect keine Rolle spielte. Der Ratchet Effect impliziert somit, dass es in langfristigen Prinzipal-Agent-Beziehungen schwieriger sein kann, Anreize für den Agenten bereitzustellen als im statischen Fall. Als Mittel zur Abschwächung des Ratchet Effect kommt Jobrotation in Betracht.