Bernoulli-Prinzip
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1. Begriff: Entscheidungsprinzip bei Risiko, gleichzeitig normative Theorie des Entscheidungsverhaltens bei Risiko.
2. Darstellung: Nach dem Bernoulli-Prinzip wird eine Entscheidung in zwei Schritten getroffen. Im ersten Schritt werden die subjektiven Nutzenvorstellungen des Entscheiders in Form einer Nutzenfunktion ermittelt (Bernoulli-Befragung). Im zweiten Schritt wird die Alternativenwahl getroffen, indem die Alternative mit dem höchsten Erwartungswert des Nutzens gewählt wird. Der Präferenzwert einer Alternative entspricht damit nach dem Bernoulli-Prinzip dem Erwartungswert des Nutzens der Ergebnisse der Alternative. Das Bernoulli-Prinzip wird daher auch als Erwartungsnutzentheorie bezeichnet. Für die Präferenzfunktion Φ gilt:
Dabei bezeichnet Aa eine Alternative a, die zu den möglichen Ergebnissen xa führt, w(xa) die Eintrittswahrscheinlichkeit eines konkreten Ergebnisses xa und U(xa) den Nutzenwert dieses Ergebnisses.
Die Entscheidungsregel lautet:
3. Beurteilung: Das Prinzip geht auf einen Vorschlag von Daniel Bernoulli zur Lösung des Petersburger Paradoxons zurück. Später wurde das Bernoulli-Prinzip durch J. von Neumann und O. Morgenstern (The Theory of Games and Economic Behavior, 1944) axiomatisch begründet (Axiome rationalen Entscheidens). Da das Prinzip die Gestalt der Nutzenfunktion völlig offen lässt, können sehr unterschiedliche Risikopräferenzen von Entscheidern abgebildet werden.
Aufgrund seiner Anwendung auf Risikosituationen wird die im Bernoulli-Prinzip verwendete Nutzenfunktion auch als Risikonutzenfunktion bezeichnet. Nach J. von Neumann und O. Morgenstern, die das Prinzip axiomatisch begründet haben (Axiome rationalen Entscheidens), heißt sie auch von Neumann-Morgenstern-Nutzenfunktion. Die Gestalt der Nutzenfunktion impliziert eine bestimmte Risikopräferenz des Entscheiders: Bei linearer Nutzenfunktion ist er risikoneutral, bei streng konkaver Nutzenfunktion risikoavers, bei streng konvexer Nutzenfunktion risikofreudig. Vgl. auch Arrow-Pratt-Maß.
Aufgrund seiner axiomatischen Fundierung ist das Bernoulli-Prinzip das wichtigste normative Entscheidungskriterium. Die Annahme, dass sich ein Entscheider am Erwartungswert des Nutzens orientiert, liegt dementsprechend häufig betriebs- oder volkswirtschaftlichen Theorien zugrunde, die individuelles Entscheidungsverhalten abbilden (z.B. die Theorie der Versicherungsnachfrage oder die Kapitalmarkttheorie). Als deskriptives Entscheidungskriterium sind dem Bernoulli-Prinzip hingegen Grenzen gesetzt, da davon auszugehen ist, dass Entscheider in der Realität gegen die dem Prinzip zugrunde liegenden Axiome (insbes. gegen das Unabhängigkeitsaxiom) verstoßen. Dies hat zur Entwicklung unterschiedlicher deskriptiver Entscheidungstheorien, z.B. der Prospect-Theorie, geführt.
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Interne Verweise
Bernoulli-Prinzip
- Allais-Paradoxon
- Arrow-Pratt-Maß
- Axiome rationalen Entscheidens
- Bernoulli-Befragung
- Bernoulli-rational
- Entscheidungsmatrix
- Entscheidungstheorie
- Entscheidungsverhalten
- Erwartungsnutzentheorie
- Erwartungswert-Regel
- Erwartungswert-Varianz-Prinzip
- HARA-Klasse
- Monotonieaxiom
- Nutzenfunktion
- Petersburger Paradoxon
- Reduktionsaxiom
- Risikonutzen
- Sicherheitseffekt
- Sicherheitsäquivalent
- Stetigkeitsaxiom
- Substitutionsaxiom
- Unabhängigkeitsaxiom