Konzentrationstheorie
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Für Klassiker wie Smith (1723-1790) sorgt ein freier Wettbewerb dafür, dass jedes Wirtschaftssubjekt das erhält, was ihm nach seiner Leistung für den Markt zusteht. Wie durch eine Invisible Hand entsteht eine allgemeine Harmonie der Interessen, die durch den Eingriff des Staates nur gestört werden kann (Wettbewerbstheorie).
Für Marx hingegen ist der freie Wettbewerb nur die Form, die die Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital vermittelt und versteckt. Zwischen der marktvermittelten Arbeitsteilung in der Gesellschaft (Zersplitterung der Produktionsmittel) und der planmäßig-organisierten Arbeitsteilung innerhalb des Betriebes (Konzentration der Produktionsmittel als Kapital) besteht Wechselwirkung. Die Invisible Hand und die (von Chandler später so bezeichnete) Visible Hand verstärken sich. Mit der großen Industrie und dem internen Wachstum des Kapitals (Akkumulation) entwickelt sich die Konzentration, mehr aber noch durch das externe Wachstum (Zentralisation). Diese aber ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Eine wesentliche Triebkraft für diese Bewegung der Attraktion und Repulsion von Kapital ist der technische Fortschritt durch neue Produkte, Märkte, Produktionsverfahren und Organisationsformen, heute etwa durch die digitalen Technologien.
Als geschichtliche Tendenz, vermutet Marx am Ende des ersten Bandes seines unvollendeten Hauptwerkes „Das Kapital“ (1867), entsteht mit der Zentralisation die planmäßig kombinierte gesellschaftliche Arbeit und der Weltmarkt, wächst mit der stets abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten auch der Widerstand der ausgebeuteten Arbeiterklasse, die schließlich das System ablöst. Tatsächlich ist bis heute die Konzentration gewachsen, wenn auch nicht in dem Maße, wie vermutet. Kommunistische Revolutionen gab es, aber, anders als erwartet, in wenig entwickelten Ländern wie Russland und China. Das neue System war nicht stabil und zeigte abschreckende politische und wirtschaftliche Konsequenzen (Kommunismus). In den entwickelten europäischen Ländern waren Reformen wirksamer (Wirtschaftsordnung). Dazu zählen Koalitionsfreiheit, Mitbestimmung, Wirtschafts- und Sozialpolitik und andere Bereiche der in Deutschland im Grundgesetz verankerten Sozialpflichtigkeit des Eigentums.
In nachfolgenden Erklärungsansätzen geht es demgegenüber um die Beschränkung des Wettbewerbs durch die Konzentration. Hilferding begründet mit dem „Finanzkapital“ (1910) die Schule des staatsmonopolistischen Kapitalismus, die später, im Marxismus-Leninismus, zur herrschenden Doktrin der Länder des realexistierenden Sozialismus wurde. Danach führt die Konzentration zum Monopol und durch die Verschmelzung mit dem Staat (der dafür sorgt, dass das System nicht zusammenbricht) zum staatsmonopolistischen Kapitalismus – eine wenig anspruchsvolle Theorie.
In der Zeit der Systemkonkurrenz, also bis in die 1990er-Jahre, war die Konzentration als Begriff der Wirtschaftsordnung einschlägig. Schumpeter, Müller-Armack und Arndt sind hier hervorzuheben.
Schumpeter kritisiert in „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ (1942) die Marxsche Lehre, insbesondere auch dessen Konzentrationstheorie, die zu den inzwischen vorherrschenden Theorien zum Monopol bzw. Oligopol wenig beiträgt. Gemeint ist das neoklassische statische Modell der vollkommenen Konkurrenz, wonach monopolistische Gebilde die Produktionsleistung beschränken. Tatsächlich aber hat sich die vollkommene Konkurrenz erst zunehmend durchgesetzt und geht die Vorherrschaft der Großkonzerne mit Produktionswachstum und höherem Lebensstandard der Massen einher. Für Schumpeter (wie die Klassiker und Marx) ist der Wettbewerb ein dynamischer Prozess der schöpferischen Zerstörung und mit Konzentration vereinbar. Ähnlich wie Marx, wenn auch aus anderen Gründen, kommt Schumpeter zu einer pessimistischen Einschätzung der Zukunftsfähigkeit des Kapitalismus aufgrund seiner eigenen Entwicklung und bemüht sich um eine Antwort auf das Problem „Demokratie im Sozialismus“.
Die Schrift „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“ von Müller-Armack (1947), der anfangs dem Nationalsozialismus ideologisch nahestand, gilt als erster Beitrag zum Konzept der Sozialen Marktwirtschaft, das die Freiheit des Wettbewerbs mit dem sozialen Ausgleich zu verbinden sucht und heute weit verbreitet ist. Ein Ziel ist dabei, dass wirtschaftliche und politische Macht nicht übermäßig konzentriert und dadurch unkontrolliert ist.
Auch Arndt (1976) stellt die mit der Konzentration verbundene wirtschaftliche Macht in den Mittelpunkt seiner Analyse. Danach haben die Unternehmen ihre Macht am Arbeitsmarkt durch die Aufhebung des Koalitionsverbots weitgehend eingebüßt. Die Ungleichheit an den Gütermärkten sowie den Geld- und Kapitalmärkten besteht aber weiterhin, der Konsument wird durch den „Werbungswettbewerb“ entmachtet und Weltkonzerne entstehen, die mächtiger als Staaten sind.
In den nachfolgenden Jahren sind die Folgen der Unternehmenskonzentration für den Wettbewerb das fachlich dominierende Thema der Konzentrationstheorie. Danach sind die positiven Auswirkungen der Unternehmenskonzentration durch Effizienzsteigerungen mit deren negativen Folgen durch erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs abzugleichen (Wettbewerbstheorie und -politik). Im Rahmen der Wettbewerbsstrategie nach Porter wird wirtschaftliche Macht positiv angesehen, weil dadurch Wettbewerbsvorteile entstehen. Demgegenüber ist die Entflechtung von Großunternehmen zur Kontrolle wirtschaftlicher Macht, wie nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und Japan, heute vielleicht nur als Antwort auf die Systemrelevanz von Banken in der Finanzkrise aktuell. Allerdings könnte das Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ die Auseinandersetzung mit der Konzentrationstheorie über die Fachdisziplin hinaus erneut beleben. Piketty (2014) beschreibt darin eine seit den 1980er-Jahren wieder ansteigende Einkommens- und Vermögenskonzentration, die durch Kriege und politische Einflüsse zuvor gesunken waren. Seine zentrale Aussage ist, dass ein auf freiem Wettbewerb beruhendes System zur steigenden Konzentration des Reichtums führt: „A modern Marx“, so der Economist vom 3. Mai 2014.
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