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Inflation

(weitergeleitet von Kaufkraftstabilität)
Definition: Was ist "Inflation"?

Eine Inflation ist ein Prozess anhaltender Preisniveausteigerungen, die über eine gewisse Marge hinausgehen.

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Prozess anhaltender Preisniveausteigerungen, die über eine gewisse Marge hinausgehen. Inflation ist nur als dynamischer Vorgang denkbar, bei dem Inflation aus einem bestimmten Ursachenkomplex im ökonomischen System entsteht und wieder auf dieses zurückwirkt. Zur Inflation zählen nur Steigerungen des Preisniveaus. Jene sind von Steigerungen der Einzelpreise zu unterscheiden, die zu den für eine Marktwirtschaft normalen Vorgängen zählen. Die Flexibilität der Einzelpreise hat für den Marktmechanismus die wichtige Funktion, die Produktionsfaktoren so zu lenken bzw. umzulenken, dass das Güterangebot dem Bedarf angepasst wird. Einzelpreissteigerungen (-senkungen) signalisieren den Anbietern ceteris paribus einen höheren (geringeren) Bedarf, spiegeln also die relativen Knappheitsverhältnisse wider. Bei Preisniveaustabilität sind diese anhand der absoluten Preisänderungen unschwer zu erkennen. Bei Inflation ist dies schwieriger, zumindest aufwendiger. Steigerungen des Preisniveaus entstehen durch ein Übergewicht der Anstiege von Einzelpreisen über gleichzeitig vorkommende Preissenkungen. Das Preisniveau wird dabei als ein in geeigneter Weise gewichteter Durchschnitt aller Güterpreise verstanden. Im Fall eines anhaltenden Preisniveauanstiegs kann beobachtet werden, dass sich bei den Wirtschaftssubjekten Erwartungen auf weitergehende Kaufkrafteinbußen herausbilden, was zu Beeinträchtigungen der Geldfunktionen, verbunden mit einem Verlust an Vertrauen in das Kreditgeldsystem (keine stoffliche Deckung) führt. Von Inflation wird i.Allg. nur gesprochen, wenn der Kaufkraftverlust eine gewisse Marge überschreitet, deren Höhe umstritten ist, jedoch meist mit etwa 1 bis 2 Prozent pro Jahr angegeben wird.

    Inflation bei freier Preisbildung wird als offene Inflation bezeichnet. Von zurückgestauter Inflation spricht man, wenn inflationäre Tendenzen durch Maßnahmen staatlicher Preis- und Einkommenspolitik (v.a. Preisstopps) unterdrückt und so ein Ansteigen des Preisniveaus verhindert werden soll.

    2. Messung: a) Verfahren: Zur Messung des Preisniveauanstiegs bedient man sich (unter bewusstem Verzicht auf Einzelinformationen) bestimmter Kennziffern, die über die durchschnittlichen Veränderungen der Einzelpreise informieren (Preisindex):
    (1) Ein Preisindex für das Bruttonationalprodukt misst die Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die in das Nationaleinkommen eingehen.
    (2) In den Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) (früher Preisindex für die Lebenshaltung) hingegen fließen nur Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ein, die als repräsentativ für den „durchschnittlichen privaten Haushalt” angesehen werden. In der Bundesrepublik Deutschland wird vom Statistischen Bundesamt (StBA) der sog. Laspeyres-Index verwendet, der die Preisniveauentwicklung eher überzeichnet.

    b) Probleme der Inflationsmessung ergeben sich aus der Auswahl geeigneter Indizes, aus der Auswahl der den Indizes zugrunde liegenden Warenkörbe, der Isolierung der Preisbewegungen von überlagernden Effekten (Veränderungen der Güter- und Verbrauchsstruktur, Substitutionsvorgänge, Qualitätssteigerungen), der Auswahl der relevanten Güterpreise (Listen- und Sonderpreise, Brutto- oder Nettopreise, Einbeziehung von Steuern etc.) sowie bei Effekten, bei denen es angeraten ist, sie nicht als inflationäre Tendenzen zu werten, obgleich sie zu einem Ansteigen des Preisindex führen, wie etwa steigende Umweltkosten.

    3. Ursachen: Die Ursachen von Inflationen sind in der politischen Diskussion wie in der wissenschaftlichen Analyse umstritten. Es besteht jedoch weit gehender Konsens, dass es zur Erklärung einer konkreten Inflation meist nicht ausreicht, sich auf eine Ursache zu konzentrieren oder bei der Ursachenanalyse allein auf die augenscheinlichsten Ursachen abzustellen. Eine profunde Ursachendiagnose ist von entscheidender Bedeutung für die Ausgestaltung einer angemessenen Inflationsbekämpfungspolitik. Zur Erklärung der Ursachen von Inflation ist eine Vielzahl von Theorien entwickelt worden (Inflationstheorien).

    4. Wirkungen: Inflation hat überwiegend ökonomisch und sozial nachteilige Allokations- und Verteilungseffekte. Behauptete positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte der Inflation sind hingegen theoretisch nicht eindeutig und bislang empirisch kaum nachweisbar. Das Ausmaß der Wirkungen von Inflationen hängt v.a. davon ab, inwieweit sie seitens der Wirtschaftssubjekte antizipiert wird bzw. werden kann. Nicht antizipierbare Inflation erhöht die Unsicherheit, unter der wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen sind.

    a) Allokationswirkungen: Inflation macht es für die Wirtschaftssubjekte schwieriger, zumindest aufwendiger, die Knappheitsrelationen und deren Veränderungen richtig zu erfassen, was mit einzel- und gesamtwirtschaftlichen Zusatzkosten und demzufolge mit Wohlfahrtsverlusten verbunden ist. Beruhen ökonomische Entscheidungen wegen Inflation auf Fehleinschätzungen, so führt dies zu einer ineffizienten Verwendung von Produktionsfaktoren (Fehlallokation). Wesentlich für die Allokationswirkungen der Inflation ist die bei den Wirtschaftssubjekten bestehende Unsicherheit bez. der weiteren Entwicklung des Geldwertes, die zu einer Verkürzung der Laufzeit von Verträgen auf eine Vertragsdauer unterhalb des optimalen Planungshorizonts sowie zu einer Verschiebung der Struktur der Nachfrage hin zu (vermeintlich) inflationssicheren Aktiva führt - eine Ressourcenfehlleitung in künstlich sich aufblähende Produktionsbereiche (z.B. Flucht ins „Betongold”), in denen Überkapazitäten gebildet werden. Bildet sich in der Folgezeit die Inflation zurück, werden die inflationsbedingten Fehlallokationen sichtbar z.B. der Preisverfall der in Kaufeuphorie erworbenen Sachgüter, Unternehmenszusammenbrüche und strukturelle Arbeitslosigkeit. Die inflationsbedingte Einschränkung der Signalfunktion der Preise führt dazu, dass es den Wirtschaftssubjekten weniger gut gelingt, ihre kreativen Energien frühzeitig in lohnende Bereiche zu investieren. Dies bedeutet letztlich eine Beeinträchtigung des volkswirtschaftlichen Innovationsverhaltens. Bei starker und anhaltender Inflation verlieren die Wirtschaftssubjekte zunehmend das Vertrauen in die Geldwertstabilität, und es kommt zur Ausbreitung einer Inflationsmentalität mit negativen Folgen für das Geld als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel. Damit entsteht die Gefahr einer zunehmenden Beschleunigung der Inflation, was im Grenzfall einer vollständigen Beseitigung der Geldfunktionen führen kann. Insgesamt kann vermutet werden, dass die negativen Allokationswirkungen der Inflation im Wesentlichen hemmende Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung auslösen, wenngleich bisweilen behauptet wird, dass ein gewisses Ausmaß von Inflation etwa als Beschäftigungsstimulanz (Phillips-Kurve) geeignet sei.

    b) Verteilungswirkungen: Diese zeigen sich in einer im Vergleich zu einer inflationsfreien Entwicklung veränderten oder verzerrten Einkommens- und Vermögensverteilung. Zu inflationsbedingten Veränderungen der Verteilungsstruktur kommt es allg. immer dann, wenn sich verschiedene Einkommensarten und Vermögensstrukturen der Preissteigerungsentwicklung in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Geschwindigkeit anpassen (lassen). Diese Unterschiede liegen in der verschiedenen Fähigkeit der Wirtschaftssubjekte, die Inflation richtig zu antizipieren und Anpassungshandlungen autonom und zeitnah vorzunehmen, sowie in einer verzögerten Anpassung der Zinssätze begründet. Hierzu existieren unterschiedliche Argumente und Hypothesen:
    (1) Gläubiger-Schuldner-Argument: Die Inflation führt dazu, dass sich der Realwert aller auf Geld lautenden Forderungen verringert. Die Gläubiger erleiden damit einen realen Verlust, dem ein realer Gewinn auf der Schuldnerseite gegenübersteht.

    (2) Lohn-Lag-Hypothese: Bei einem Zurückbleiben der Lohnsteigerungen gegenüber den Preissteigerungen, z.B. aufgrund der Laufzeiten von Tarifverträgen, kommt es zu einer Umverteilung zugunsten der Gewinne und damit der Bezieher von Unternehmereinkommen.

    (3) Transfereinkommens-Lag-Hypothese: Institutionelle Regelungen führen dazu, dass Transfereinkommen wie Renten, Kindergeld etc. verspätet angepasst werden, während die marktbestimmten Faktoreinkommen schneller auf den Preisniveauanstieg reagieren. Damit verschlechtert sich die Verteilungssituation der Transfereinkommensbezieher.

    (4) Steuerbelastungsargument: Inflation führt zu einer Veränderung der effektiven Steuerbelastung. V.a. bei einer progressiven Besteuerung des Einkommens, bei der die Steuer mit wachsendem Nominaleinkommen (im Fall inflationsorientierter Lohn- und Gehaltserhöhungen) überproportional zunimmt, kommt es zu einer inflationsbedingten Umverteilung zugunsten des Staates.

    c) Wachstums- und Beschäftigungswirkungen: Die Auswirkungen der Inflation auf Wachstum und Beschäftigung sind empirisch nicht eindeutig zu belegen. Weit gehende Übereinstimmung herrscht lediglich dahingehend, dass extreme Inflationsraten eine Beeinträchtigung von Wachstum und Beschäftigung bewirken, wenn sie die Preisrelationen derartig stark verzerren, dass erhebliche Fehlallokationen ausgelöst werden, denen hinsichtlich der positiven Wachstums- und Beschäftigungswirkungen nur relativ geringe zwischenzeitlich ausgelöste Akzelerator- und Multiplikatorwirkungen (Akzelerator, Multiplikator) entgegenstehen. Für den Zusammenhang zwischen schleichender Inflation und Wirtschaftswachstum finden sich unterschiedliche, z.T. widersprüchliche Argumente. Jene Argumente, die hier einen positiven Zusammenhang behaupten, basieren wiederum auf der Annahme unterschiedlicher Anpassungen der jeweiligen Preise und Einkommen an den Inflationsprozess mit der Folge der inflationsbedingten Verbesserung der Verteilungssituation des Unternehmenssektors.

    (1) Die sog. Nachfragedruckhypothese geht davon aus, dass eine (inflationstreibende) permanente Übernachfrage die Vollbeschäftigung sichert und die Unternehmen zu Investitionen stimuliert. Ein weiteres, an der Nachfrageseite ansetzendes Argument lautet, dass durch die inflationsbedingte „Flucht in die Sachwerte” die Güternachfrage angeregt werde, was in der Folge auch zu einer Erhöhung der Investitionstätigkeit mit entsprechenden Multiplikatoreffekten führe.

    (2) Aus der Lohn-Lag-Hypothese wird die Schlussfolgerung abgeleitet, dass eine Steigerung des Anteils der Unternehmereinkommen eine Verbesserung der Gewinnsituation und damit des Investitionsklimas bewirke.

    (3) Das sog. Realzinsargument behauptet, dass ein Zurückbleiben des (nominellen) Zinsanstiegs hinter den Preisanstieg zu einer Senkung der realen Zinsbelastung kreditfinanzierter Investitionsprojekte führt und somit auch hier (schleichende) Inflation investitionsstimulierend wirkt.

    (4) Aus der Gläubiger-Schuldner-Hypothese können die gleichen Schlussfolgerungen gezogen werden.

    Gegen den auf diese Weise zu behauptenden positiven Zusammenhang von schleichender Inflation und Wachstum bzw. Beschäftigung lässt sich zunächst einwenden, dass die angeführten Argumente auf den Fall der Nachfrageinflation beschränkt bleiben. Die genannten positiven Effekte werden zudem teilweise durch die erwähnte inflationsbedingte Beeinträchtigung der allokativen Effizienz und der damit verbundenen möglichen Senkung der Faktorproduktivität kompensiert. Im Übrigen erscheint die Annahme der aus inflationsbedingt entstehenden Verteilungswirkungen resultierenden wachstumsfördernden Impulse allenfalls im Fall eines einmaligen, unerwarteten inflationären Schubes und bei Vorliegen von Geldillusion plausibel; im Fall einer andauernden Inflation ist dagegen damit zu rechnen, dass die Wirtschaftssubjekte in ihren Dispositionen den allg. inflationären Trend berücksichtigen (Inflationsausgleichskomponenten in Tarifverträgen, Einführung von Gleitklauseln bei Kreditvereinbarungen etc.) und somit auch den Unterschied in der Anpassungsgeschwindigkeit von Löhnen und Zinsen gegenüber den Preisen einebnen. Zudem kann aus dem Wettbewerbseffekt der Inflation die Argumentation abgeleitet werden, dass bei einem im Verhältnis zum Ausland stärkeren Anstieg des inländischen Preisniveaus sich eine tendenzielle Verschlechterung der Leistungsbilanz ergibt, was sich ceteris paribus über den Exportmultiplikator verstärkt negativ auf das Nationaleinkommen und die Beschäftigung auswirkt.

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