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Berufung

(weitergeleitet von Zulassungsberufung)
Definition: Was ist "Berufung"?

Rechtsmittel gegen Urteile erster Instanz zwecks erneuter Verhandlung des Rechtsstreites vor dem nächst höheren Gericht.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Zivilprozessordnung
    2. Strafprozessordnung
    3. Arbeitsgerichtsbarkeit
    4. Verwaltungsgerichtsbarkeit
    5. Hochschulrecht

    Zivilprozessordnung

    1. Rechtsmittel gegen Urteile erster Instanz (ausgenommen Versäumnisurteile, gegen die Einspruch gegeben ist) zwecks erneuter Verhandlung des Rechtsstreites vor dem nächst höheren Gericht (§§ 511–541 ZPO). Grundsätzlich ist der gesamte von der Berufung betroffene Prozessstoff neu zu prüfen und zu beurteilen. Seit dem ZPO-Reformgesetz vom 27.7. 2001 (BGBl. I 1887, 3138) ist allerdings nicht mehr der gesamte von der Berufung betroffene Prozessstoff neu zu prüfen, vielmehr sind die erstinstanzlich festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen oder die Berücksichtigung neuer Tatsachen zulässig ist (§ 529 I ZPO). Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung im Urteil zugelassen hat. Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn 1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist  und 2. die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 EURO beschwert ist (Zulassungsberufung, § 511 Abs. 4 ZPO).

    2. Berufungsgericht für angefochtene amtsgerichtliche Urteile ist das Landgericht, mit Ausnahme der Familiensachen und Kindschaftssachen, bei denen die Berufung an das Oberlandesgericht geht; für landgerichtliche Urteile erster Instanz das Oberlandesgericht.

    3. Einlegung: Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterschriebenen Berufungsschrift beim Berufungsgericht einzulegen (§ 517 ZPO) und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu begründen (§ 520 ZPO). Sie kann verlängert werden. Gegen Fristversäumnis u.U. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Neue Tatsachen und Beweismittel, die im ersten Rechtszug nicht zu Recht zurückgewiesen worden sind, können die Parteien unter einschränkenden Voraussetzungen vorbringen. Wurden sie entgegen einer im ersten Rechtszug gesetzten Frist nicht vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt, was glaubhaft zu machen ist (§§ 530, 531 ZPO). Wurden sie unter Verletzung der allg. Prozessförderungspflicht nicht rechtzeitig vorgebracht oder mitgeteilt, so sind sie nur zuzulassen, wenn eine Verzögerung des Rechtsstreites nicht eintreten würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hat.

    4. Ein Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss für jeden Rechtszug gesondert gestellt werden (§ 119 ZPO).

    5.  Zulässigkeit : Das Berufungsgericht prüft von Amts wegen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Fehlt es an einem der Erfordernisse, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Dies kann durch Beschluss ergehen. Darüberhinaus soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückgewiesen werden, wenn das Berufungsgericht einstimmig davon überzeugt ist, dass 1. die Berufung offensichtlich keinen Erfolg hat, 2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, 3. die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und 4. eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Auf die beabsichtigte Zurückweisung sind die Parteien vorher hinzuweisen. Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat der Berufungsführer das Rechtsmittel, dass bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre (§ 522 ZPO).

    6. Ist die Berufung zulässig, entscheidet das Gericht im Rahmen der gestellten Anträge neu, kann aber das Urteil erster Instanz i. Allg. nicht zum Nachteil des Berufungsklägers ändern; ausnahmsweise (z.B. bei schweren Verfahrensfehlern) kann es den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils an die erste Instanz zur nochmaligen Verhandlung zurückverweisen.

    7. Die Kosten der Berufung, bei Erfolg auch die des ganzen Rechtsstreits, trägt die unterliegende Partei.

    Strafprozessordnung

    (§§ 312–332 StPO): 1. gegen die Urteile der Amtsgerichte i.d.R. zulässiges Rechtsmittel, das zur Nachprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt. Bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 15 Tagessätzen oder einer Verwarnung mit einem Strafvorbehalt in  Höhe von nicht mehr als 15 Tagessätzen oder einer Verurteilung zu einer Geldbuße ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird (§§ 313 I, 322a StPO). Das Gleiche gilt bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens, wenn die Staatsanwaltschaft nicht mehr als 30 Tagessätze beantragt hatte. Die Berufung kann auf einzelne Teile des Urteilsspruches (z.B. Strafhöhe) beschränkt werden.

    2. Einlegung: Die Berufung muss innerhalb einer Woche beim Amtsgericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Frist beginnt mit Verkündung des Urteils, ausnahmsweise erst mit dessen formeller Zustellung
    (1) für den bei der Verkündung des Urteils nicht anwesenden Angeklagten;
    (2) für andere Prozessbeteiligte, die bei der Urteilsverkündung nicht anwesend und auch nicht vertreten waren (z.B. Nebenkläger).

    3. Berufung bewirkt Verhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts und hemmt den Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Auf die alleinige Berufung des Angeklagten hin kann das angefochtene Urteil nicht zu seinem Nachteil geändert werden (Verbot der sog. reformatio in peius, § 331 I StPO).

    Arbeitsgerichtsbarkeit

    (§§ 64 ff. ArbGG): 1. Rechtsmittel gegen Urteile der Arbeitsgerichte an das Landesarbeitsgericht.

    2. Zulässig: a) Gegen Urteile der Arbeitsgerichte ist nach § 64 ArbGG die Berufung an das Landesarbeitsgericht statthaft.

    b) In vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist die Berufung nur möglich (§ 64 II):
    (1) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
    (2) wenn das Arbeitsgericht die Berufung zugelassen hat oder
    (3) in Streitigkeiten über das Bestehen oder die Kündigung von Arbeitsverhältnissen. 
    ((4) in bestimmten Fällen gegen ein Versäumnisurteil

    3. Berufungsfrist beträgt einen Monat seit Zustellung des Urteils und muss innerhalb von zwei Monaten seit Zustellung des Urteils begründet werden.

    4. Vertretung durch Rechtsanwälte oder Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen (Koalition, Berufsverband) erforderlich (§ 11 II ArbGG, Arbeitsgerichtsbarkeit).

    Verwaltungsgerichtsbarkeit

    (§§ 124–130b VwGO): 1. Rechtsmittel gegen Urteile der Verwaltungsgerichte an das Oberverwaltungsgericht, wenn sie vom Verwaltungs- oder Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

    2. Die Berufung ist im Fall der Zulassung durch das Verwaltungsgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht einzulegen. Lässt das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zu, ist der Antrag auf Zulassung der Berufung binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht zu beantragen; die Zulassungsgründe sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils darzulegen.

    3. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, die Rechtssache bes. tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines Oberverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 II VwGO).

    Hochschulrecht

    Nach Ausschreibung einer Stelle für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer erfolgt die Auswahl durch Berufung, der wiederum Berufungsverhandlungen folgen, in denen die Lehrstuhlausstattung und das Gehalt (seit 2005: W-Besoldung, aufgeteilt in Grundgehalt und variable Leistungsbezüge) verhandelt werden. Sagt die oder der Berufene zu, kommt es zur Ernennung (Beamtenverhältnis) oder zur Anstellung (Angestelltenverhältnis). Für Berufung und Ernennung waren früher die Hochschulministerien zuständig, mittlerweile sind diese Befugnisse in den meisten Bundesländern auf die Hochschulen übertragen worden (Delegation).

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